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Jugendstudie:

Wenn der Musikgeschmack kriminell macht

Üble Typen hören üble Musik? So falsch ist das gar nicht, wie niederländische Wissenschaftler herausgefunden haben.

Heranwachsender mit einem Kopfhörer und einer Kaputzenjacke

Wer kriminelle Musik hört, wird auch kriminell. Das behaupten Wissenschaftler aus den Niederlanden. Bild: © fotolia.de

Wenn Eltern aus den Zimmern ihrer Sprösslinge Musik hören, dann gibt es meist immer den gleichen Ärger: zu laut, zu schrecklich und überhaupt – Kultur wäre nun wirklich etwas anderes als dieses Geschepper. Dabei würde es sich lohnen, die persönlichen Animositäten beiseitezuschieben und genauer hinzuhören, wenn der Nachwuchs die Boxen aufdreht. Denn: Wer kriminelle Musik hört, verhält sich anschließend auch eher kriminell. Niederländische Wissenschaftler veröffentlichten Anfang 2013 die Ergebnisse einer Studie in Pediatrics, der offiziellen Zeitschrift der Amerikanischen Akademie der Pädiatrie.

Wilde Musik in den Ohren der Wissenschaftler

Aus verschiedenen Querschnittstudien ist schon länger bekannt, dass der Musikgeschmack von Jugendlichen und sozial problematisches Verhalten in Zusammenhang stehen.

Entsprechend geht die Music Marker Theory (MMT) davon aus, dass Jugendliche, die eine Vorliebe für Musik abseits des Massengeschmacks haben, eher in die Kleinkriminalität rutschen und dort auch später noch verharren. Wie das genau zusammenhängt und wer in diesem Falle Henne und wer Ei ist, war Gegenstand der Forschung von Wissenschaftlern der Universität Utrecht. Zwischen 2001 und 2005 beobachteten sie 309 Schüler zwischen 12 und 16 Jahren. Die 149 Jungen und 160 Mädchen stammten alle aus Familien mit zwei Elternteilen aus niederländischen Städten. Die von den Probanden gehörte Musik unterteilten die Wissenschaftler in verschiedene Kategorien: Rock, Heavy Metal, Gothic, Punk, Rhythm & Blues, Hip-Hop, Trance, Techno/Hardhouse, Pop, Klassik und Jazz.

Zudem interessierten sich die Forscher dafür, welches Sozialverhalten die Probanden an den Tag legten. Das Augenmerk lag hier auf der sogenannten Kleinkriminalität, das heißt: Laden- und Bagatelldiebstahl, Vandalismus, Straßenkämpfe und Herstellen von Graffiti.

Der frühe Musikgeschmack ist entscheidend für spätere Kriminalität

Die Niederländer fanden heraus, dass das frühe Hören von in Elternohren krimineller Musik durchaus ein Indikator für späteres kriminelles Verhalten ist. Allerdings gilt der Umkehrschluss nicht. Sozial bereits auffällig gewordene Jugendliche hören nach ihren Taten nicht unbedingt auch kriminelle Musik. Außerdem haben die vergangenen Taten keine große Vorhersagekraft für weiteres kriminelles Verhalten – die gehörte Musik kann das besser.

Unorthodoxe und quasi gefährliche Musikarten sind laut Studie Rock (Rockmusik im eigentlichen Sinne, Heavy Metal, Gothic, Punk), Afroamerikanische Musik (Rhythm & Blues, Hip-Hop) und Elektronische Musik (Trance, Techno/Hardhouse). Klingen allerdings Pop (Populärmusik aus den Charts) und anspruchsvolle Musik (Klassik, Jazz) aus dem Kinderzimmer, können sich die Eltern bequem zurücklehnen. Solche Kinder hatten in der Untersuchung keine oder sogar eine umgekehrt negative Tendenz zu sozial unerwünschtem Verhalten.

Anders ausgedrückt: Je braver die Musik der Jugendlichen, umso braver auch ihr Verhalten. Was Eltern und Großeltern ja immer schon wussten.

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Über Manuela Käselau

Manuela Käselau ist Physiotherapeutin und Shiatsu-Praktikerin (GSD). Parallel studierte sie Phonetik, Niederdeutsche Linguistik und Systematische Musikwissenschaft an der Universität in Hamburg. Als freie Autorin schreibt sie für diverse Online- und Printmedien, hauptsächlich im medizinischen Bereich. Seit 2012 ist sie ein Mitglied der Redaktion.