Exogene Psychosen dagegen waren meist dem unvernünftigen Konsum bewusstseinsverändernder Substanzen geschuldet und daher „hausgemacht“. Heute hält man die klinische Unterscheidung zwischen endogener und exogener Psychose nicht mehr aufrecht, da es den aus dem Ruder gelaufenen Nervenzellen egal ist, wer oder was sie in ihrer Funktionalität beeinträchtigt. Doch für das intuitive Verständnis der unterschiedlichen Ursachen für Psychosen ist diese Kategorisierung immer noch hilfreich. Werfen wir also einen exemplarischen Blick auf die „exogenen“ Drogenpsychosen. Dabei werden sowohl legale als auch illegale Drogen eine realitätsverzerrende Rolle spielen.
Was bedeutet überhaupt „Psychose“?
Wer unter einer Psychose leidet, warum auch immer, der verliert seinen Sinn für die Realität. Das kann sich darin äußern, dass man Dinge wahrnimmt, die „in Echt“ gar nicht existieren (Stichwort Halluzinationen), oder an Dinge glaubt, die jeglicher tatsächlichen Grundlage entbehren (Stichwort Wahn). Im schlimmsten Fall beides auf einmal. Zu dieser sensorischen und geistigen Abkopplung des Gehirns von der Umwelt kommt es, wenn die zentralnervösen Neuronen und Synapsen durch die wirksame Anwesenheit psychotroper Substanzen in die Irre geleitet werden. So kann ein in Alkohol schwimmendes Gehirn die sprichwörtlichen weißen Mäuse sehen, während sich ein Schnüffler im selbst verordneten Chloräthylrausch ein paar Sekunden lang für Gott hält.
Welche Drogen machen Psychosen?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) listet in der „International Classification of Diseases“ (ICD) derzeit die folgenden psychoaktiven Substanzen als prinzipielle Verursacher klinisch relevanter psychotischer Zustände auf:
- Alkohol
- Opioide
- Cannabinoide
- Sedativa / Hypnotika
- Kokain
- alternative Stimulanzien, darunter auch Koffein
- Halluzinogene
- Tabak
- Flüchtige Lösungsmittel
- Multipler Substanzgebrauch und „Restekategorie“
Kleines Beispiel gefällig? Na dann – prost!
Alkoholpsychose – Die Spur der weißen Mäuse
In „Delirium Tremens“ sehen die alkoholkranken Patienten kleine Tiere an sich hoch krabbeln und entlang kriechen. Welche panische Angst daraus resultiert, sich von Spinnen, Schlangen oder eben weißen Mäusen attackiert zu sehen, kann man sich auch im nüchternen Zustand lebhaft ausmalen. Dementsprechend sind delirante Patienten hochgradig erregt, verrückt vor Angst und in vielerlei Hinsicht desorientiert. Ein Delirium kann von einer chronischen Überdosis Alkohol kommen, aber auch als so genanntes „Entzugsdelirium“ auftreten. So oder so – das will wirklich niemand erleben.
Wenn der Geist sich verabschiedet, schwindet auch das Gedächtnis dahin. Dann fangen die Alkoholkranken an, wilde Geschichten zu erfinden, mit denen sie ihre ganz offensichtlichen Erinnerungslücken zu stopfen versuchen. Die Kombination aus Gedächtnisverlust und kompensatorischer Konfabulation nennt der Psychiater beim Namen Korsakow-Syndrom. Dagegen ist jeder Hangover ein Kindergeburtstag.
Im Alkoholwahn entwickeln die Kranken meist extreme Gefühle der Eifersucht oder des Misstrauens. Und schrecken dann auch vor schrecklichen Gewaltverbrechen nicht zurück. So manche blutige Familientragödie hat hier ihren Ausgang genommen.
In der Alkohol-Halluzinose schließlich hört der wahnhaft veränderte Patient Stimmen, die ihn wahlweise beschimpfen, anklagen, oder sein Verhalten boshaft und hämisch kommentieren.
Jede Drogenpsychose kann jeden Menschen so verändern, dass er zu einer lebensbedrohlichen Gefahr für sich und andere mutiert. Daran sollte man immer denken, bevor man mit seinem Gehirn ohne Sicherheitsgurt Schlitten fährt.
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