Schnelle Lösungen in Sachen Glück sind seit Jahren schwer angesagt. Die Glücksritter ziehen durchs Land und nutzen alles, was es an Medien gibt, um ihre seeligmachende Botschaft unter das Volk zu bringen. Meist lautet diese: Jeder kann glücklich sein, man muss es nur wollen! Wenn es wirklich so wäre, dann dürfte es eigentlich kaum noch unglückliche Menschen geben. Denn wer will schon, dass es ihm schlecht geht? Oder stehen sich manche einfach nur selber im Weg, sehen das aber nicht? Warum sind einige vom Pech verfolgt, andere vom Glück begünstigt?
Von Glückspilzen und Pechvögeln
Um es gleich vorweg zu nehmen: Niemand ist dauernd Opfer des Zufalls, unfähig, an seiner Situation etwas zu ändern. Das Schicksal kennt nämlich keine Verwandten, bevorzugt also niemanden, hält dafür aber auch nicht die schützende Hand über andere. Wenn ein Mensch sich also das Bein bricht, dann trifft es gleichermaßen Glückspilze wie auch Pechvögel. Danach hören die Gemeinsamkeiten aber schon auf, denn wie die Betroffenen das Geschehen bewerten ist höchst verschieden. Glückliche Menschen können an dieser Situation durchaus auch die positiven Aspekte erkennen, zum Beispiel: „Das Bein ist zwar gebrochen, aber immerhin kann man das versorgen.“ Das heißt nicht, dass sie die negativen Seiten dieser Aktion nicht sehen, sie messen ihnen nur nicht so viel Gewicht zu.
Die Pechvögel tun genau das. Sie verstehen den Beinbruch als persönliches Versagen oder Wink des Schicksals, dem sie hoffnungslos ausgeliefert sind. „Wusste ich es doch, dass das nicht gut geht“ – kaum gedacht, schon wird es wahr. Solche Menschen verankern in ihrem Kopf, dass sie bestimmte Aktivitäten in Zukunft besser lassen. Die Glückspilze werden in der Regel nach Ausheilen des Beinbruches keinen Gedanken daran verschwenden, das gleiche Abenteuer zu meiden. Warum auch? Aus ihrer Sicht gibt es keinen Grund, denn überall kann Ungemach passieren. Muss man halt besser aufpassen und wenn es doch noch einmal passiert – dann ist das eben so. Das heißt nicht, dass sie sich in lebensgefährliche Situationen begeben, aber in alle, auf die sie bei der Frage „Was kann denn schlimmstenfalls passieren?“ keine dramatische Antworten finden.
Eine Sache der Aufmerksamkeit
Den Fokus auf unangenehme Dinge zu legen, ist in Deutschland fast schon Bürgerpflicht. Wer abends von der Arbeit kommt und nicht über selbige stöhnt, macht sich fast schon verdächtig. Wer nichts an Kollegen, Nachbarn oder Kindern auszusetzen hat, gerät schnell in die Ecke der Esoteriker und Spinner. Dabei haben alle Dinge zwei Seiten. Sicher ist die Arbeit manchmal nervig und die Kollegen unausstehlich. Aber dafür sind die Kinder eine reine Wonne und der Hund wedelt sich abends vor Freude fast den Schwanz ab, wenn er Herrchen oder Frauchen sieht. Und natürlich sind auch Kinder und Hund gelegentlich eine echte Herausforderung, aber Kollegen und Chef dafür normal, der Nachbar ganz freundlich und die Freunde eine echte Wucht.
Professor Richard Wiseman, Psychologe an der University of Hertfordshire in Großbritannien, beschäftigt sich schon länger mit diesem Thema, denn er glaubt nicht, dass es geborene Verlierer beziehungsweise Gewinner gibt. Und tatsächlich – die von ihm Interviewten berichteten im Mittel alle von den gleichen Erlebnissen – Trennung, Tod, Geldnot, genau so aber auch von Karrieren, familiärem Frieden, Erbschaften – was das Leben eben so bereithält. Was die Menschen aber wirklich unterschied, war die Gewichtung, die sie diesen Erlebnissen zuteilten. Da wurden dann echte Schicksalsschläge nur im Nebensatz erwähnt und ansonsten davon erzählt, dass eigentlich alles gut läuft oder aber nur von schlimmen Dingen berichtet, aber erst auf Nachfrage zuzugeben, dass alle gesund sind, genug Geld da ist und keiner mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist.
An dem aus dem alten Griechenland stammenden Spruch „Jeder ist seines Glückes Schmied“ ist also was dran. Glück und Zufriedenheit sind offenbar keine Ereignisse, auf die man wartet und dann hat man eben Glück oder Pech in der Zuteilung. Über Zufälle hinaus besteht durchaus die Möglichkeit, die eigenen Geschicke zu steuern. Wenn man weiß wie.
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