In der chinesischen Provinz Yunnan hatte man schon länger einen besonderen Verdächtigen in einigen ominösen Todesfällen: einen Pilz. Jetzt haben sich die Verdachtsmomente erhärtet und chinesische Wissenschaftler veröffentlichten in dem renommierten Fachjournal „Angewandte Chemie“ die Inhaltsstoffe eines neuartigen Pilzes oder besser, die Zusammensetzung seiner ungewöhnlichen Aminosäuren.
Mysteriöse Todesfälle in China
Es liest sich wie ein spannender Krimi: In Yunnan, im Südwesten Chinas, starben in den letzten dreißig Jahren mehr als 260 Menschen unter ungeklärten Umständen. Denn aus medizinischer Sicht waren die Todesopfer kerngesund und verstarben ohne einen ersichtlichen Grund. Die Fälle wurden als „plötzliche unerklärliche Tode“ abgestempelt. Auffällig bei den Todesfällen war jedoch, dass diese sich örtlich und zeitlich häuften. Das heißt, in der Regenzeit zwischen den Monaten Juni und August gab es auffallend viele unerklärliche Todesfälle und die meisten davon in Orten, die zwischen 1800 und 2400 Metern über dem Meeresspiegel lagen. Die Umstände waren unerklärlich und riefen das Interesse der Behörden auf den Plan. In ausführlichen Studien konnte man im Jahre 2005 dann den Täterkreis eingrenzen und benannte einen Pilz als ersten Verdächtigen.
Neuartiger Pilz mit merkwürdigen Aminosäuren
Die Untersuchungen in und um Yunnan ließen vermuten, dass die Todesfälle mit dem Sammeln eines bestimmten Pilzes zusammenhängen könnten und der Verdacht, dass der Verzehr einer bislang unbekannten Pilzart für den Tod verantwortlich sein könnte erhärtete sich zunehmend. Dem Forscherteam um den Wissenschaftler Zhu L. Yang gelang die Entdeckung eines möglichen Übeltäters und sämtliche Beschuldigungen schienen sich zu bestätigen: Die plötzlichen Tode könnten tatsächlich auf das Konto eines unbekannten Pilzes gehen, den man kurzerhand auf den Namen „Trogia venenata Zhu L. Yang“ taufte. Und den Beweis lieferte nun ein Forscherteam um Ji-Kai Liu in Peking. Dort konnte man zwei ungewöhnliche toxische Aminosäuren aus dem Pilz isolieren.
Behörden untersuchen den Pilz
Die chinesische Gesundheitsbehörde und das Kunming-Institut für Botanik untersuchten umgehend den neuartigen Pilz. Dazu wurden Rohextrakte aus dem Gewächs angefertigt, die im Anschluss per sogenannter Flüssigchromatographie aufgetrennt wurden. Bei diesem Verfahren wurden die Aminosäuren isoliert. Deren Struktur wurde dann anhand verschiedener Methoden identifiziert und im Labor für weitere Untersuchungen und Vergleiche nachgebaut. Das Ergebnis war überraschend. Denn neben einer bekannten Aminosäure – der Guanidinobuttersäure – fand man zwei völlig unbekannte Aminosäuren, die in ihrer Charakteristik ungewöhnlich und ebenso giftig waren.
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Tödliche Wirkung durch Experimente bestätigt
Um den anfänglichen Verdacht zu bestätigen wurden mit den neu entdeckten Aminosäuren weitere Versuche durchgeführt. Die tödliche Wirkung des Pilzes konnte bei Experimenten mit Mäusen zweifelsfrei nachgewiesen werden. Zur Absicherung der Erkenntnisse wurden ferner noch Blutproben von betroffenen verstorbenen genommen und tatsächlich konnten auch dort noch die giftigen Pilz-Aminosäuren nachgewiesen werden. Das Rätsel schien also gelöst und der ominöse Täter war wohl ein Pilz.
Mysteriöse Todesfälle aufgeklärt
Nachdem der Täter nun gefunden schien, gaben die Behörden eindringliche Warnungen an die Bevölkerung im Yunnan-Gebiet ab. Und die groß angelegte Aufklärungs-Kampagne verfehlte nicht ihre Wirkung. Denn in den Jahren 2010 und 2011 konnten keine weiteren Fälle eines plötzlichen, unerklärlichen Todes mehr aus der Gegend aufgezeichnet werden.
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