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Umweltfreundlich ins Nirvana:

Ökokrematorium – Bio bis in den Tod

Energiesparen ist angesagt. Wer will schon ein Klimaschwein sein? Neue Methoden der Einäscherung können die persönliche Ökobilanz aufpeppen.

Junger Mann hält eine Bio-Urne in den Händen„Wie eine Gesellschaft mit Tod und Sterben umgeht, spiegelt ihr Menschenbild, ihre Werte und ihr Selbstverständnis“, heißt es auf der Internetseite des Bundesverbands Deutscher Bestatter e.V. Biologisch abbaubare Särge und Urnen gibt es schon länger. Bei einer herkömmlichen Kremation braucht es eine Hitze von bis zu 1.200 Grad und 3 Kubikmeter Gas. Eine neue Methode kommt mit viel niedrigeren Temperaturen aus. Doch das ist nur eine der findigen Ideen zum umweltbewussten Umgang mit dem Tod.

Resomation statt Einäscherung

In den USA wird sie bereits angeboten: die Resomation. Eine „umweltfreundliche und kosteneffektive Alternative zu Erd- und Feuerbestattung“, so liest es sich bei Bestattungen Kröger, die als Quelle Dr. Rolf Lichtner angeben, den Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Bestatter. Die nähere Beschäftigung mit der Methode erfordert einige Magenfestigkeit, am besten auch eine stabile Psyche. Der Begriff rekurriert auf die griechische Bezeichnung für Wiedergeburt. Bis es soweit ist, muss der Leichnam sich allerdings erst einmal zersetzen lassen.

Dazu wird er in einer alkalischen Lösung bei wenigen hundert Grad geköchelt. Die übrig bleibenden „gebleichten und porösen Knochen“, die sich mit der Hand zerdrücken lassen, werden anschließend zu „Bioasche“ zermahlen, die aus Kalziumphosphat besteht. Es bleibt, Zahnfüllungen und Ähnliches herauszufiltern, da diese die Umwelt schädigen. Anders als bei der Kremation seien diese sogar wiederverwendbar. Na wunderbar, da lacht das Ökoherz.

Der Resomator S750 und sein Erfinder Sandy SullivanAllerdings, rund 560 Liter Wasser werden für eine Resomation benötigt – auch nicht ohne. Die DNS ist ebenfalls hin: „Am Ende des Prozesses bleibt keine analytisch feststellbare Verbindung zum Leichnam.“ Die „Bausteine des Lebens“ bleiben übrig, und das klingt ja schon beinahe poetisch. Genauer, es bleibt zum einen Flüssigkeit, die laut Hersteller des Gerätes (übrigens ein Schotte, und die sind ja für ihre Sparsamkeit bekannt) als Dünger verwendet kann, zum anderen die „Bioasche“, die bestattet wird. Umweltfreundlich also ist die Methode – und sie zahlt sich zudem in Heller und Pfennig aus, oder vielmehr in Dollar, denn sie kostet weniger als eine Kremation.

Tiefgekühlt und umweltfreundlich – die Promession

Hitze und Zersetzung sind nicht jedermanns Sache. Die schwedische Biologin Susanne Wilgh-Mäsak hat eine Tieftemperaturbehandlung entwickelt, die Promession. „Trocken, geruchlos und schadstofffrei“ sei am Ende das, was vom Körper übrig bleibt. Dazu wird der Leichnam in flüssigem Stickstoff auf etwa minus 200 Grad tiefgekühlt und anschließend mittels Vibration in kleine Stücke gerüttelt und getrocknet. Schadstoffe wie Quecksilber oder Metalle, etwa Eheringe, werden entfernt und recycelt. Der Rest landet in einem kompostierbaren Sarg und soll sich innerhalb eines halben bis eines Jahres in Humus verwandelt haben. Ganz ausgereift ist die Methode womöglich noch nicht – denn angedacht sind millimetergroße Teile nach der Vibrationsbehandlung, in der Praxis haben aber „Tests mit Schweinen gezeigt, dass die Stücke für Urnen zu groß sind“, wird Lichtner in der taz zitiert. Der Kostenfaktor entspricht etwa dem einer Feuerbestattung.

Energiegewinnung aus Kremationen?

Feuerbestattungen verbrauchen nicht nur Energie, sie liefern auch welche. Warum diese ungenutzt verpuffen lassen, dachte sich ein Krematorium in Taiwan. Und entwickelte eine Anlage, um mit der freiwerdenden Energie seine Klimaanlage zu betreiben. An sich natürlich ein ökologischer Gedanke, ohne Frage. Doch dort, wo die Klimaanlage läuft, halten sich auch die Angehörigen der Toten auf. Ein Stadtrat von Taipeh wird in der österreichischen Krone zitiert: „Das ist doch eklig, dass Trauernde von einer Klimaanlage Kühlung bekommen, die von den Überresten ihrer Angehörigen betrieben wird.“

Doch nicht nur im fernen Osten kommt man auf solch makabre Ideen. Die Unternehmenszentrale der Bestattung Wien soll mit der Abwärme aus dem Krematorium geheizt werden. Eine normale Heizung gebe es aber auch, so der Direktor. Im Internet wird Empörung laut: „In einem Land, das derart vorbelastet ist, ist das untragbar! Irgendwie erinnert das an Auschwitz (…).“

Fotos: © picture alliance / s70/ZUMAPRESS.com / martinazua.com

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Über Lucy M. Laube

Lucy M. Laube ist eine freie Journalistin und diplomierte Sozialwissenschaftlerin. Zu ihren bisherigen beruflichen Stationen zählen unter anderem Radio Bremen, Greenpeace und das Goethe-Institut. Seit Anfang 2012 schreibt sie als Redakteurin für das Artikelmagazin.