Nach den Erfahrungen von Rinderwahnsinn, Vogelgrippe und Schweinepest ist die Öffentlichkeit beim Auftreten neuartiger Krankheitserreger im Nutztierbereich besonders hellhörig. So auch beim Schmallenberg-Virus.
Nicht immer müssen auftretende Infektionen schwerwiegende Folgen haben und nicht in allen steckt das Potential zu einer epidemischen Ausbreitung oder einer Übertragung auf den Menschen. Doch Vorsicht ist besser als spätere großräumige Bestandsvernichtung, und so reagierte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) sofort, als im Sommer vereinzelt bei Milchrindern Krankheitssymptome auftraten, und begann mit Nachforschungen und Tests.
Erste Ergebnisse und eine offizielle Information des Institutes liegen Ende 2011 nun vor. Sie bestätigen das Auftreten eines neuen Virus, das zu den Orthobunya-Viren gezählt und unter dem Namen Schmallenberg-Virus geführt wird.
Vom Verdacht auf Blauzungenkrankheit zu neuem Virus
Erste Symptome wurden bei Rindern in Nordrhein-Westfalen beobachtet. Es trat Fieber und Appetitlosigkeit auf, das Allgemeinbefinden der Tiere verschlechterte sich und es wurde ein Milchrückgang von bis zu 50 Prozent beobachtet.
Von der Blauzungenkrankheit sind ähnliche Symptome bekannt, so dass dem Institut für Virusdiagnostik des FLI, das sich auf der Insel Riems befindet, Proben der erkrankten Tiere zugesandt wurden, um den Verdacht Blauzungenkrankheit zu bestätigen. Da die Untersuchungsreihen negativ verliefen, aber weiterhin Fälle gemeldet wurden, entschloss man sich, ein aufwändiges und teures Testverfahren einzusetzen und eine Metagenom-Analyse durchzuführen.
Diese Untersuchungen dreier Blutproben, die vom Schmallenberg-Betrieb im Hochsauerland stammten, wiesen auf das Vorhandensein von Orthobunyaviren hin. Weitere Untersuchungen von mehr als 100 Proben bestätigten diese Ergebnisse und das Vorhandensein eines Virus, das stark dem bereits bekannten und zur gleichen Gattung zählenden Akabene-Virus ähnelt.
Gefahr von Missbildungen und Fehlgeburten
Verbreitet sind derartige Akabene-Viren vor allem in Australien, Asien und Ozeanien. Dabei verläuft die Infektion von Rindern meist unproblematisch, allerdings kommt es bei tragenden Tieren sehr häufig zu Missbildungen der Föten. Sie werden mit schweren Schädigungen der Gliedmaßen oder des Gehirn geboren und haben eine geringe Überlebenschance. Häufig kommt es auch zu Totgeburten oder Aborten. Wenn die Einschätzung des Institutes richtig ist, sind also in der kommenden Zeit Frühgeburten und zahlreiche missgebildete und nicht lebensfähige Neugeborene in den betroffenen Rinderpopulationen zu erwarten.
Die Untersuchungen hinsichtlich des Schmallenberg-Virus sind daher noch nicht abgeschlossen und eine endgültige Einstufung und Zuordnung der beobachteten Symptomatik bleibt deshalb noch offen. Die bisherigen Erkenntnisse können allerdings als Entwarnung hinsichtlich der Gefahr des Übergreifens auf den Menschen gewertet werden, da Akabane-Viren nur bei Rindern, Ziegen und Schafen vorkommt.
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