Was genau fasziniert die Menschen eigentlich so an Hirschen in der Brunftzeit? Das laute Röhren, das durch Mark und Bein geht, die Kampfbereitschaft? Die Leidenschaft, mit der es hier zur Sache geht, ganz ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Konventionen, die uns Menschen fest im Griff haben? Zwar schlagen sich Hirsche nicht mit geballten Fäusten auf den Brustkorb, aber die Wirkung ist ganz ähnlich. In klarer Angebermanier wird nun ausgeknobelt, wer der Platzhirsch ist, wer also seine Gene weitergeben darf. Und wer – anstatt zu röhren – womöglich in die Röhre guckt.
Warme Nächte – matte Hirsche
Das Wetter spielt genau wie bei uns Menschen auch bei den Hirschen eine Rolle. Ist es zu warm, sind auch die Hirsche zu matt für das faszinierende Schauspiel um die Gunst der Hirschkühe. Zwar liegen sie nicht entspannt mit einer Flasche Bier am Baggersee, aber Kräftemessen bei der Hitze? Das dann auch nicht. „Je kälter die Nächte, desto höher ist die Kampfbereitschaft der Hirsche“, erklärt Hilmar Freiherr von Münchhausen von der Deutschen Wildtier Stiftung.
Bei der Hirschbrunft geht es also nicht strikt nach Kalender, sondern eben auch nach dem Wetter. Und das war in diesem Jahr alles andere als normal. Der Winter hatte kein Ende nehmen wollen. Folglich verschiebt sich auch die Brunft der Hirsche im Jahresverlauf nach hinten, wie von Münchhausen erklärt. Doch wann auch immer es genau losgeht, es wird losgehen, wie in jedem Jahr. Erst im Nordosten des Landes, später dann auch im Südwesten: aus friedlichen Freunden werden vom Testosteron gesteuerte Konkurrenten. Der röhrende Hirsch, der im Goldrahmen in vielen Wohnzimmern hängt, scheint lebendig zu werden.
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Genüsslich im Urin wälzen?
Der Herbst. Die Blätter verfärben sich, rieseln zur Erde, die Nächte werden stechend-kühl und kitzeln die Gene der Hirsche wach. Sie wollen sich fortpflanzen, und sie wollen der Erste sein. Der mit dem größten Geweih und den besten Chancen. Und der Mensch? Schleicht sich im Morgengrauen und Herbstnebel in den Wald, um staunend dabei zu sein, wenn die Hirsche entschlossen aufeinander losgehen, um ihren Platz am Markt der Geschlechter zu behaupten.
Etwa sechs Wochen dauert die Hirschbrunft der Hirsche an. Mächtige Geweihe und das durchdringende Röhren sind Sinnbild für dieses Schauspiel der Natur. Doch um das weibliche Geschlecht zu beeindrucken, sind sich die Hirsche auch nicht zu schade, tief in die Trickkiste der Pheromone zu greifen: Sie wälzen sich in ihrem Urin und senden ihre Duftsignale an die Damenwelt: Eau de Hirsch eben. Der Cocktail aus Duftstoffen, einem mächtigen Geweih, Unerschrockenheit und dem lautesten Röhren macht am Ende das Rennen.
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