Eisforscher Lars Kaleschke und sein Team vom KlimaCampus der Universität Hamburg sagen für den September 2012 die geringste jemals gemessene Eisbedeckung in der Arktis voraus. Im Jahre 2007 betrug die Eisfläche rund 4,3 Millionen Quadratkilometer und markierte damit einen historischen Tiefstand. Die vorausgesagte Fläche für September soll diesen Wert deutlich unterschreiten.
Jährliche Prognose sieht düster aus
Nicht selten sprechen Experten im Nachhinein einer Situation davon, dass sie das Ergebnis auch hätten voraussagen können. Das kann man als Zuhörer dann glauben oder auch nicht. Im Falle der Eisbedeckung in der Arktis wird derartigen Aussagen mit einer jährlichen Prognose vorausgegriffen, indem die Experten ihre Voraussage schon frühzeitig abgeben. Und die von Lars Kaleschke sieht nicht unbedingt gut aus. Die Arktis gilt als Frühwarnsystem für die globale Erwärmung und wird daher besonders gut beobachtet. Jedes Jahr im September erreicht die Eisdecke in der Arktis ihr Minimum, das für dieses Jahr dramatisch niedrig erwartet wird: Nur 4,1 Millionen Quadratkilometer soll die Eisfläche dann betragen, also noch rund 200.000 Quadratkilometer weniger als zum Rekordtief im Jahre 2007. Dies wäre der geringste Wert seit der ersten Satellitenaufzeichnung in den 1970er Jahren.
Das verbleibende Eisminimum im September wird von Forschern aus aller Welt mit unterschiedlichen Methoden geschätzt. Bei diesem sogenannten Sea Ice Outlook haben die Wissenschaftler des Hamburger KlimaCampus bereits in der Vergangenheit beeindruckend exakte Schätzungen abgeliefert. Mit einer statistischen Prognose, die auf aktuellen Satellitenaufzeichnungen beruhte, bestimmte das Team die Eisdeckenfläche im Vorjahr auf eine Nachkommastelle genau. Im Jahr 2011 war die Eisfläche auf rund 4,6 Millionen Quadratkilometer geschmolzen. Und auch die diesjährige negative Schätzung der Eisforscher basiert auf handfesten Beobachtungen.
Vorzeichen weisen auf neue Rekordschmelze hin
Bereits im Vorfeld gibt es einige Ereignisse, die auf ein neues Tief hinweisen. So stieß der Petermann-Gletscher beispielsweise einen riesigen Eisblock ab und beinahe die gesamte Eisfläche von Grönland taute an. Zudem fege derzeit ein heftiger Sturm durch die Arktis, der das Ergebnis noch beeinflussen könnte. „Wenn der Sturm das Eis auseinandertreibt, würde die bedeckte Fläche auf den ersten Blick wieder größer erscheinen. Öffnungen, die dabei entstehen, könnten jedoch das Schmelzen anschließend beschleunigen“, erklärt Kaleschke. Ferner wäre es auch denkbar, dass wärmeres Wasser durch die Eisbewegungen schneller hervortritt und das Eis von unten schmelzen ließe. In solch einem Falle könnte die Schmelze im September noch deutlich stärker ausfallen als ohnehin schon angenommen. Man darf aber in jedem Falle gespannt sein, wie exakt die Schätzung der deutschen Eisforschern in diesem Jahr ausfallen wird.
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