In New York, und speziell auf der Insel Manhattan, gibt es kaum noch verplanbare Freiräume. Grundstückspreise sind deswegen oft astronomisch hoch. Wer als Architekt sein eigenes kleines Häppchen des Big Apples bebauen möchte, muss kreativ sein. Verlassene Fabrikhallen, Eisenbahnstrecken, die Dächer der Stadt – all dies wird in der Acht-Millionen Metropole zur wertvollen Immobilie.
Unterirdische Straßenbahn-Station als Park
Das wissen auch Jungarchitekt James Ramsey und sein Geschäftspartner Dan Barash. Ihr Wunschobjekt in der Lower Eastside von Manhattan steht nicht gerade auf den Wunschlisten der hartgesottenen Makler der Stadt – eine schmutzige unterirdische Terminal-Station für Straßenbahnen, die seit 1948 außer Betrieb ist. Und genau hier soll ein Park entstehen, der das trostlose Gesicht der Betonschluchten um Delancey Street verbessern soll. „Die Lower East Side hat viel Kultur und Geschichte zu bieten. Was ihr fehlt sind Grünflächen“, erläutert Dan Barash.
„Ich weiß, ein Park im Straßenbahn-Tunnel klingt erstmal düster und komisch“, sagt James Ramsey mit einem wissenden Lächeln. Das gelte besonders für eine Stadt, deren Einwohner Schmutz, Hässlichkeit, Gestank und Ratten mit dem Begriff „unterirdisch“ assoziierten. „Aber genau deswegen haben wir diese neue Technologie erfunden, die wir ‚fernes Dachfenster‘ nennen.“
NASA-Ingenieur leitet Sonnenlicht um
Was Ramsey nämlich von anderen Architekten unterscheidet, ist seine erste Karriere als Satelliten-Techniker bei der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA. Doch die von ihm entworfenen Parabolschüsseln sollen nicht auf Satelliten montiert die Erde umkreisen, sondern vielmehr für Licht in NewYorks Unterwelt sorgen. „Wir konzentrieren Tageslicht in Parabolspiegeln an der Oberfläche, schicken es durch Glasfaserkabel nach unten und verwandeln es dort mit weiteren Parabolspiegeln wieder in Tageslicht“, erläutert Ramsey.
Der Prozess filtere dabei nicht nur schädliche UV-Strahlung und mache somit das unterirdische Sonnenlicht sogar gesünder, er unterstütze auch den ökologischen Aspekt des Projekts: „Wir bekommen genügend Licht für Photosynthese. Wir können also Pflanzen und Bäume unterirdisch aufziehen“. Die Glasfaser-Methode wurde zum ersten Mal in Japan in den siebziger Jahren erfolgreich angewendet. Niemand hat bislang jedoch versucht, so einen ganzen Park mit Tageslicht zu versorgen.
Offenbarung für unterirdische Stadtplanung
Das Delancey-Projekt ist dabei nur eines von vielen Beispielen, in denen die Millionenmetropolen des Planeten sich wegen Platzmangels darauf besinnen, aufgegebene und ungenutzte urbane Flächen durch kreative Ideen und Erfindungen zurückzuerobern. Dieser Trend hat bereits einen Namen: „Landschafts-Infrastruktur“.
Erdkratzer statt Wolkenkratzer
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Die Unterwelt der Städte steht bei dieser Idee besonders im Mittelpunkt. Visionäre denken sogar schon darüber nach, das Prinzip des Wolkenkratzers buchstäblich auf den Kopf zu stellen, um sogenannte „Erdkratzer“ zu entwickeln. Ein Prototyp für ein solches in die Tiefe gerichtetes Gebäude wird derzeit in Mexiko City entwickelt. Es soll „Erd-Lobbies“ bieten, Freiräume innerhalb des Erdkratzers, in denen Bäume verbrauchte Luft erneuern. Und ein gebäude-eigenes Wasserkraftwerk soll mit Grundwasser betrieben werden.
Neben praktischen Problemen wie Ventilation oder Erdbebengefahr verhindern vor allem Kostenfragen eine schnellere Ausweitung der Metropolen in den Untergrund. Das gilt auch für das Delancey-Projekt. Mit Hilfe der Website Kickstarter.com konnten Ramsey und Barash bislang knapp 144 000 U.S.-Dollar an Spenden zusammenbringen. Das Geld soll vor allem dafür verwendet werden, einen Prototypen des Parabol-Dachfensters zu bauen. Im September soll finanzkräftigen Sponsoren dann in einer Demonstration das unterirdische Sonnenlicht vorgeführt werden. Der gesamte unterirdische Sonnenpark würde nach Einschätzung der beiden Jungunternehmer Kosten in zweistelliger Millionenhöhe mit sich bringen.
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