„Nano“ heißt der neueste Boom, das Steckenpferd der Industrie, die Hoffnung der Wirtschaft, die Dollarzeichen in den Augen der Börsenmakler. Die Enthusiasten sehen in der Entwicklung der Nanotechnologie gern einen revolutionären Quantensprung für die Menschheit, ähnlich der Erfindung der Schrift oder der Entwicklung der Computertechnik.
Sonnenschutz-Cremes mit Nanopartikeln, Nano-Lack auf Autos, Nano-Oberflächenversiegelung – während die Verbraucher schon munter Produkte einkaufen, die (zumindest angeblich) auf Basis der Nanotechnologie entwickelt wurden, fürchten Kritiker, dass das ungezwungene Herumprobieren und Freisetzen kleinster Teilchen zu einer mindestens so großen Gefahr werden könnte wie atomare Technik oder Genmanipulation. Doch zum Glück wird auch hier Grundlagenforschung zur Risikoabschätzung staatlich gefördert.
Nanotechnologie oder Nanotechnik
Ist der Überbegriff für eine Vielzahl an Verfahren aus unterschiedlichsten Forschungsbereichen – Biologie, Mikrobiologie, Biochemie und Chemie beteiligen sich genauso an der Forschung im Nanometerbereich wie Physik, Elektrotechnik und Halbleitertechnologie. Und das in ultrakleinen Dimensionen. Nicht umsonst wählte man die Vorsilbe „nano“, die aus dem Griechischen stammt und soviel wie Zwerg bedeutet.
Nano-Forscher arbeiten mit Materieteilchen, die zwischen einem und 100 Nanometern (nm) groß – oder vielmehr klein sind. Ein Nanometer entspricht dem Millionsten Teil eines Millimeters. Dagegen kommt die Mikrotechnik geradezu plump daher: sie arbeitet in bereichen zwischen ein bis eintausend Mikrometern, und ein Mikrometer ist vergleichsweise riesig, er entspricht dem tausendsten Teil eines Millimeters.
Warum interessieren sich Forscher und Industrie so außerordentlich für diese winzigen Materieteilchen? Der Grund ist: Im Forschungsgebiet der Nanotechnik gelten nicht mehr die üblichen Naturgesetze der klassischen Physik, sondern quantenmechanische Gesetzmäßigkeiten. Und das bedeutet, dass längst bekannte und vertraute Materialien ganz überraschende, andersartige Eigenschaften entfalten können. Da winken ganz neue Anwendungsbereiche.
Die Anfänge der Nanotechnologie
Die Geschichte der Nanotechnik ist einerseits sehr jung, andererseits machte man sich schon vor Jahrhunderten Nano-Effekte zunutze: beispielsweise bei gotischen Glasfenstern. Zum Färben eines besonderen Glases wurden winzige Mengen Gold eingesetzt. Die feinstverteilten Goldpartikel erzeugten ein wunderbar leuchtendes, rubinrotes Fensterglas.
Doch heute will man nicht per Versuch und Irrtum in der Nanowelt herumstöbern und zufällig nützliche Effekte finden. Doch erst seit 1981 ist es überhaupt machbar, einzelne Atome anzuschauen und sie gar herumzuschubsen oder annähernd gezielt zu bewegen: Die Erfindung des Rastertunnelmikroskops durch die Physiker Heinrich Rohrer und Gerd Binnig, und das daraus weiterentwickelte, 1986 vorgestellte Rasterkraftmikroskop von Gerd Binnig, Calvin Quate und Christoph Gerber machten es erst möglich.
Nanotechnologie scheint eine Lösung für ressourcenschonende Produkte zu sein und ist in allen High-Tech-Branchen sehnsüchtig erwartet: immer kleinere, leichtere, schnellere und weniger Energie und weniger Rohstoffe verbrauchende Module werden beispielsweise in der Computerindustrie gewünscht. Mit Nanomaterialien beschichtete Oberflächen sollen das Saubermachen künftig (fast) unnötig machen: dieser Lotus-Effekt für diese selbstreinigenden Oberflächen ist mittlerweile bereits weiten Bevölkerungskreisen bekannt.
Auch verbesserte medizinische Möglichkeiten stehen als strahlende Visionen am Horizont von Forschern, Firmen und Regierungen weltweit: Von Miniaturrobotern, die im Blut herumschwimmen und genauere Diagnosen oder präzisere Operationen ermöglichen über künstliche Materialien für Mikro-Implantate, wirksamere und gleichzeitig qua geringer Dosierung unschädlichere Medikamente reicht das Spektrum der Hoffnungen.
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