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Hypersensibilität:

Stress macht Frauen geräuschempfindlich

Frauen mit stressbedingter Erschöpfung reagieren überempfindlich auf Geräusche. Das berichten schwedische Forscher in einer Studie.

Junge Frau mit einem Megaphon

Geräuschhypersensibilität bei Frauen die unter einer stressbedingten Erschöpfung leiden. Bild: © fotolia.de

Termine und Zeitdruck in Beruf, Familie und Freizeit. Wir kennen es alle und können diesen Alltagsstress doch nicht immer vermeiden. Doch bei Dauerstress kann es zu Erschöpfungszuständen kommen. Frauen, die an einer stressbedingten Erschöpfung leiden, zeigen eine Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen, wenn sie Stresssituationen ausgesetzt sind. In einigen Fällen wird schon der Geräuschpegel eines normalen Gesprächs als geradezu schmerzhaft empfunden. Das stellte eine Studie des schwedischen Karolinska Instituts und des Stressforschungsinstituts der Universität Stockholm fest. Die Wissenschaftler testeten die Geräuschempfindlichkeit unmittelbar nach einer künstlich erzeugten Stresssituation.

Die Studie wurde in der Online-Ausgabe des Wissenschaftsjournals »PLOS ONE« veröffentlicht. Die Studienteilnehmer, 208 Frauen und 140 Männer im Alter zwischen 23 und 71 Jahren, die an niedriger, mittlerer oder hoher emotionaler Erschöpfung litten, wurden fünf Minuten lang versuchweise physikalischem (Hand in Eiswasser), mentalem (Stresstest) und sozialem Stress (ständige Beobachtung) ausgesetzt.

Gesprächslautstärke schon unerträglich

Die Ergebnisse zeigten, dass Frauen mit hoher emotionaler Erschöpfung deutlich empfindlicher auf Geräusche reagierten als gesunde Frauen. Einige empfanden schon einen Geräuschpegel unter 60 Dezibel, was einer normalen Konversation entspricht, als unangenehm laut. Teilnehmer mit einem niedrigen Level an Erschöpfung wurden nach dem fünfminütigen Stresstest weniger geräuschempfindlich. Dieses Phänomen nennen die Forscher »die Ohren verschließen«, eine normale Stressreaktion. Dieselben Tendenzen wurden auch bei den Männern beobachtet, aber die Unterschiede waren statistisch nicht signifikant. Die Wissenschaftler weisen auch daraufhin, dass interessanterweise vor dem Stresstest keinerlei Unterschied in der Geräuschempfindlichkeit zwischen den Gruppen bestand.

»Wenn jemand überempfindlich gegenüber Geräuschen ist, können schon normale Geräusche wie das Klappern von Besteck oder das Motorengeräusch eines Autos ohrenbetäubend klingen«, sagt Dan Hasson, Professor am Karolinska Institut. »Ausgehend von der Tatsache, dass viele Menschen in einem Umfeld mit verschiedensten störenden Geräuschen arbeiten, kann diese Überempfindlichkeit tatsächlich einige Personen außer Gefecht setzen.«

Stress als wichtiger Faktor bei Hörproblemen

Eine frühere Studie derselben Forschergruppe zeigte, dass 32 Prozent der schwedischen Arbeitnehmer über irgendeine Form von Hörproblem berichten: Beeinträchtigung des Hörens, Tinnitus oder beides. Es gilt als gesicherte Erkenntnis, dass Stress mit Hörproblemen verknüpft ist, obwohl die Mechanismen noch nicht ganz entschlüsselt sind. Die vorliegende Studie jedoch ist die erste Studie, die empirisch eine direkte Verbindung zwischen künstlich erzeugtem Stress und einer Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen demonstriert.

»Ernste Formen von Geräuschhypersensibilität können Menschen dazu zwingen, sich zu isolieren und mögliche belastende Situationen und Umgebungen zu vermeiden«, erklärt Dan Hasson. »Unsere Studie deutet an, dass Erschöpfungszustände und Stress zusätzliche Faktoren sind, die bei einer Diagnose und Behandlung von Hörproblemen miteinbezogen werden sollten.«

Quelle: Hasson D, Theorell T, Bergquist J, Canlon B.: Acute Stress Induces Hyperacusis in Women with High Levels of Emotional Exhaustion. PLOS ONE, January 2013, doi:10.1371/journal.pone.0052945

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Über Angelika Lensen

Angelika Lensen ist gelernte Bürokauffrau und hat Betriebswirtschaft an der FH studiert. Seit 2010 arbeitet Angelika Lensen als freie Autorin und Journalistin. Neben ihrer Tätigkeit als Redakteurin beim Artikelmagazin, publiziert sie auch Beiträge für andere Online- und Printmedien mit Schwerpunkt Gesundheit, Medizin, Ernährung, Wissenschaft, Naturheilkunde.