Im Gegensatz zu herkömmlichen Antidiabetika sollen hierbei keine Unterzuckerungen auftreten.
Die Conius striatus, eine bestimmte Art der marinen Kegelschnecke, lebt im Schlamm des Meeresbodens und lauert auf Beute. Sie produziert einen Giftcocktail, den sie kleinen Fischen mit einem Rüssel injiziert.
Es ist schon länger bekannt, dass die Einzelsubstanzen des Schneckengift – die Conopeptide – wie Arzneimittel wirken. Das Conopeptid Ziconotid (Handelsname Prialt®) der Kegelschneckenart Conus magus aus dem Südpazifik wird bereits als Schmerzmittel bei starken chronischen Schmerzen eingesetzt, bei denen andere Mittel versagen. Die Conopeptide wirken sehr gezielt und die Weiterleitung der Schmerzsignale im Rückenmark wird gut blockiert. Weiterhin macht diese natürliche Substanz nicht abhängig, wie das bei Opiaten beispielsweise vorkommt. Ziconotid ist das erste Medikament, das aus einem Meeresorganismus stammt.
Einfluss auf die Insulinproduktion
Eine Forschergruppe der Universitäten Lübeck, Göttingen und Kiel untersuchten jetzt zusammen mit amerikanischen und kanadischen Wissenschaftlern das Gift der Kegelschneckenart Conius striatus. Die Studie ergab, dass das Conopeptid Conkunitin-S1 die Abgabe von Insulin in der Bauchspeicheldrüse beeinflussen kann. Die Studienergebnisse wurden erst vor Kurzem im Wissenschaftsmagazin EMBO Molecular Medicine veröffentlicht.
Professor Heinrich Terlau vom Physiologischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und außerordentliches Mitglied im Exzellen-cluster »Ozean der Zukunft« hofft, dass die neue Substanz eine weitere Alternative zur Therapie von Diabetes Typ 2 sein kann.
Herkömmliche Antidiabetika wirken teilweise unabhängig vom Blutzuckergehalt. Das kann zu Hypoglykämien, also Unterzuckerungen, führen. Die neue Substanz der Kegelschnecke, das Conopeptid Conkunitzin-S1, wirkt sehr spezifisch und senkt das Risiko auf Unterzuckerung. Es bindet sich spezifisch an einen bestimmten Kaliumkanal in den Zellen der Bauchspeicheldrüse und löst kurzzeitig eine vermehrte Abgabe von Insulin aus, aber nur dann, wenn der Blutzuckergehalt tatsächlich erhöht ist.
Bei versuchsweise durchgeführten oralen Glukose-Toleranz-Tests an Ratten haben die Wissenschaftler gezeigt, dass die Gabe von Conkunitzin-S1 zu keiner Unterzuckerung führt. Die typischen Nebenwirkungen der konventionellen Medikamente traten nicht auf. Aktuell arbeiten die Forscher daran, das Mittel als orales Medikament verfügbar zu machen.
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Hypoglykämie – wenn der Blutzucker zu niedrig ist
Unterzuckerung entsteht, wenn mehr Insulin im Körper vorhanden ist, als benötigt wird. Sinkt der Blutzuckerspiegel unter einen Wert von 80 mg/dl (4,4 mmol/l), wird es für Diabetiker zunehmend gefährlich.
Es treten Warnzeichen wie Blässe, Zittern, Schwäche, Schwindel, Herzrasen und Schweißausbrüche auf. Der Körper befindet sich im Alarmzustand. Bemerkt der Diabetiker die Symptome rechtzeitig, kann er sich in diesem Zustand noch selbst behandeln durch Einnahme von Traubenzucker oder zuckerhaltigen Getränken, die schnell vom Körper aufgenommen werden.
Sinkt der Blutzuckerspiegel weiter ab, wird der Betroffene bewusstlos und fällt ohne medizinische Hilfe ins Koma (hypoglykämischer Schock).
Hypoglykämien treten sowohl bei Diabetikern Typ 1 auf, die mit Insulin behandelt werden, als auch bei Diabetikern Typ 2, wenn sie beispielsweise Sulfonylharnstofftabletten einnehmen.
Unterzuckerungen sollten bei der Behandlung von Diabetes so weit wie möglich vermieden werden, denn mit zunehmender Diabetesdauer treten die Symptome für Unterzuckerung immer später auf und werden immer später wahrgenommen. Dadurch erhöht sich das Risiko auf schwere Unterzuckerungen, bei denen der Diabetiker auf fremde Hilfe angewiesen ist.
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