Dank internationaler Zusammenarbeit zwischen Europa, den USA, Israel und dem Iran, gelang es einer Forschergruppe des Centrum für Chronische Immundefizienz (CCI) am Universitätsklinikum Freiburg, unter der Leitung von Prof. Dr. med. Bodo Grimbacher, ein Gen zu identifizieren, das im Immunsystem, sowie bei Autoimmunerkrankungen eine Schlüsselrolle zu spielen scheint.
Mutation des LRBA-Gens gilt als Ursache
Eine Mutation des LRBA-Gens führt zu schweren Störungen in der B-Zell-Entwicklung und der T-Zell-Funktion. Bei diesen B- und T-Zellen handelt es sich um Funktionsträger des Immunsystems. Denn diese Zellen spielen eine wichtige Rolle beim sogenannten „Immungedächtnis“. Sind die B- und T-Zellen gesund, so „erinnern“ sie sich an Erreger, die bereits in der Vergangenheit Krankheiten ausgelöst haben und bekämpfen diese schnell und effektiv. Fällt das LRBA-Gen allerdings aus, so behandelt das Immunsystem auch bekannte Erreger als neuartige Erkrankung. Die Fähigkeit der körpereigenen Abwehr wird bei den Betroffenen daher deutlich verschlechtert.
Selbstreinigungsmechanismus des Körpers wird eingeschränkt
Der menschliche Organismus verfügt über einen Selbstreinigungsmechanismus, bei dem alte, unbrauchbare Zellbestandteile entsorgt und wiederverwertbare Bestandteile zum Aufbau neuer Zellen verwendet werden. Ist das LRBA-Gen defekt, so wird dieser Mechanismus gestört und führt zu einer autoimmunen Fehlfunktion, bei der die Zellen einfach zerstört werden. Besonders betroffen scheinen hierbei die wichtigen B-Zellen des Immunsystems zu sein. Entsprechend betont Professor Bodo Grimbacher vom Centrum für Chronische Immundefizienz, dass betroffene Menschen „unter besonders heftigen Autoimmunerkrankungen leiden“ und vermutet, „dass das Gen auch hierfür eine Schlüsselrolle einnimmt und unter Umständen mit verschiedenen Formen der Autoimmunität in Zusammenhang steht“.
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Neue Therapieformen werden ermöglicht
Dadurch, dass ein LRBA-Defekt nun diagnostiziert werden kann, eröffnet sich für die Patienten die Möglichkeit neuer Therapieformen. So könne man künftig durch eine Knochenmarktransplantation die Überlebenschancen der Patienten erhöhen und langfristig ein Ersatzprotein entwickeln, das erhebliche Verbesserungen der Erkrankung mit sich bringt. „Die Relevanz der Entdeckung liegt darin, dass ein extrem wichtiges Gen für das Immunsystem gefunden wurde“, erklärt Grimbacher. „Es birgt die Chance, nicht nur mehr über das Immunsystem zu erfahren, sondern in Zukunft auch Therapien zu entwickeln, die Patienten mit primären Immundefekten, Autoimmunität und entzündlichen Darmerkrankungen helfen können.“
Interkulturelle Forschung führte zum Erfolg
Die Wissenschaftler werden das LRBA-Gen nun weiter erforschen und seine Auswirkungen auf das Immunsystem und auf anderes Körpergewebe näher beleuchten. Die Untersuchungen konnten im Übrigen nur aufgrund der ungewöhnlichen internationalen Zusammenarbeit durchgeführt werden. „Dieses Projekt hat Familien und Forscher aus Israel und dem Iran, aus den USA und Europa zusammengebracht. Das zeigt, dass über gesellschaftliche und kulturelle Unterschiede hinweg solche Projekte möglich sind, wenn alle Seiten guten Willen zeigen. Wäre nur ein Partner ausgestiegen, wäre das Forschungsprojekt so nicht möglich gewesen“, so Professor Grimbacher.
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