In Versuchen mit Mäusen an der Universität Bonn konnten derartige Symptome jedoch deutlich abgeschwächt werden. Die Forschungen stehen zwar noch am Anfang, doch könnte das Experiment in Zukunft ein wirksames Medikament hervorbringen, das die Beschwerden der Multiplen Sklerose erfolgreichen ausschalten könnte.
Multiple Sklerose ist weit verbreitet
„MS ist die häufigste chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems“, so Dr. Judith Alferink, Wissenschaftlerin am Institut für Molekulare Psychiatrie der Universität Bonn und Ärztin an der Universitätsklinik für Psychiatrie. Und in Deutschland leiden etwa 120.000 Menschen an der unheilbaren Nervenerkrankung. Wie die Krankheit selbst funktioniert ist dabei gut erforscht. Um den Informationsfluss der Nervenzellen problemlos zu gewährleisten sind diese von einer Hülle umgeben. Diese Hüllen werden in der Fachsprache als Markscheiden bezeichnet und bestehen aus Myelin, einer lipidreichen Membran. Diese Myleinscheiden dienen zur elektrischen Isolation der Nervenzellen und werden bei der Multiplen Sklerose vom körpereigenen Immunsystem angegriffen und in einer fortschreitenden Entzündungsreaktion zerstört. Es kommt zu Störungen in der Signalübermittlung in den Nervenzellen und Lähmungserscheinungen, sowie Sehstörungen können auftreten. Da die Entzündungsherde im gesamten zentralen Nervensystem auftreten, können grundsätzlich sämtliche neurologische Symptome hervorgerufen werden.
T-Lymphozyten sind verantwortlich
In Versuchen mit Mäusen untersuchten die Forscher der Universität Bonn nun die Mechanismen, die an der Entstehung der Symptome beteiligt sind. Dazu griff man in erster Linie auf eine Erkenntnis zurück, die ihrerseits auch erst im Jahre 2011 entdeckt wurde. So fand der kanadische Immunologe Ralph M. Steinman heraus, dass bestimmte Zellen des Immunsystems für die Aktivierung sogenannter T-Lymphozyten verantwortlich sind. Bei den T-Lymphozyten handelt es sich um Killerzellen des Immunsystems, die auch die Myelinscheiden der Nervenzellen zerstören. Um die Zerstörung durch die T-Lymphozyten zu verhindern, setzten die Forscher noch einen Schritt früher ein.
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Der Rezeptor CCR4 ist für die Wanderung von Zellen des Immunsystems verantwortlich und wurde bislang immer im Zusammenhang mit Rheuma, Allergien und Asthma betrachtet. Welche wichtige Rolle dieser Rezeptor aber auch bei der Multiplen Sklerose spielt ist eine neue Erkenntnis der Wissenschaftler. So konnten diese nämlich herausfinden, dass sich die MS-typischen Symptome bei den Versuchsmäusen massiv verbesserten, sofern der Rezeptor CCR4 genetisch ausgeschaltet wurde. War der Rezeptor voll funktionsfähig, verschlimmerten sich die Symptome. Und die Entzündungen, durch welche die Myelinscheiden zerstört werden, wurden zusätzlich verstärkt.
Neue Therapien in Aussicht
„Der Rezeptor ist ein interessanter Ansatzpunkt für neue Therapien“, betont Dr. Alferink. So könne man beispielsweise den Rezeptor CCR4 blockieren und die Entzündungen der Multiplen Sklerose deutlich abmildern. Die Intensität der Beschwerden ginge dadurch zurück und die Symptome könnten effektiv behandelt werden. In gleichem Atemzug betont man jedoch, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis sich die aktuellen Erkenntnisse in einem wirksamen Medikament niederschlagen. Dennoch ist der Fortschritt wohl durchaus als sehr positiv für betroffene Menschen zu werten. Denn auch wenn die Erkrankung vorerst noch unheilbar bleibt, könnten die Symptome mit dem möglichen neuen Medikament enorm gelindert werden.
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