Stress soll unseren Körper eigentlich auf Kampf oder Flucht vorbereiten. Das zumindest war in Zeiten als Menschen noch Jäger und Sammler waren und ums nackte Überleben kämpfen mussten, der Zweck. In Stresssituationen schüttet der Körper neben Adrenalin auch das Stresshormon Cortisol aus und macht den Körper damit kurzfristig zu Höchstleistungen fähig. Doch unser modernes Leben beschert uns zunehmend Dauerstress – oft ohne das wir es wirklich bemerken. Viele Termine, Telefonate, Computerarbeit sowie persönlicher Freizeitstress nach der Arbeit oder im familiären Umfeld sorgen für einen ständig erhöhten Cortisolspiegel. Und der kann krankmachen.
Cortisol – lebensnotwendig, aber auch gefährlich
Cortisol, ein Produkt der Nebennierenrinde, ist nicht nur ein wichtiges Stresshormon, sondern auch an verschiedenen Stoffwechselvorgängen wie Knochenbildung, Fettgewebs- und Eiweißstoffwechsel sowie der Bildung von Blutkörperchen beteiligt. Cortisol greift auch in den Wasser- und Salzhaushalt und in immunologische Prozesse ein. Der Cortisolspiegel schwankt im Laufe des Tages. Zwischen 5 Uhr und 8 Uhr morgens ist der Spiegel am höchsten und sinkt tagsüber kontinuierlich ab, bis er zwischen Mitternacht und 4 Uhr die niedrigsten Werte erreicht.
In Stresssituationen steigt die Cortisolproduktion stark an. Cortisol sorgt dann dafür, dass genügend Glukose, also Zucker, bereitgestellt wird, denn Stress verbraucht viel Energie. Cortisol reguliert zusammen mit dem Hormon Insulin den Blutzuckerspiegel. Cortisol ist auch an den Kontraktionen der Blutgefäße im Körper beteiligt und wirkt tendenziell Blutdruck steigernd. Cortisol ist ein Entzündungshemmer und bremst überschießende Reaktionen des Immunsystems. Deshalb haben Menschen mit hohem Cortisolspiegel eine schwächere Immunabwehr.
Cortisol im Kopfhaar messen
Die Internistin und Endokrinologin Elisabeth van Rossum vom medizinischen Zentrum Erasmus MC in Rotterdam hat eine Methode entwickelt, um die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Haar zu messen. Das teilte die niederländische Organisation für wissenschaftliche Forschungen (NWO) mit.
Bis jetzt wird der Cortisolgehalt im Blut oder im Speichel gemessen. Aber laut Dr. van Rossum ist diese Messung nur eine Momentaufnahme und fluktuiert stark über den Tag, wohingegen das Cortisol im Kopfhaar die Konzentration im Körper besser widerspiegelt. Je nach Haarlänge kann der Cortisolspiegel Monate oder sogar Jahre zurück bestimmt werden.
Untersuchung an Schichtarbeitern
Die Kopfhaaruntersuchung des Erasmus MC konzentrierte sich unter anderem auf Menschen, die in Wechselschicht arbeiten. Dr. van Rossum entdeckte, dass Mitarbeiter im Schichtdienst viel höhere Konzentrationen des Stresshormons Cortisol im Haar haben als Mitarbeiter im normalen Tagesdienst.
Tagesrhythmus gestört
Dr. van Rossum führt das auf den abweichenden Tagesrhythmus zurück. »Normalerweise ist die Produktion von Cortisol zu Beginn des Tages am höchsten und sinkt zum Ende des Tages. Möglicherweise führt eine Störung dieses Ablaufs zu einer kontinuierlichen zusätzlichen Produktion des Stresshormons Cortisol.«
Es ist schon länger bekannt, dass Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, einen höheren Blutdruck und mehr Bauchumfang haben. Ein Übermaß an Cortisol im Körper kann zu Übergewicht und anderen ernsten Erkrankungen führen.
Dauerstress macht krank
Dauerstress verursacht einen ständigen Cortisolüberschuss und die typischen Folgen sind:
- vermehrtes inneres Bauchfett
Cortisol fördert das gefährliche innere Bauchfett, dessen Zellen wegen seiner speziellen Rezeptoren besonders gut Cortisol binden können. - Bluthochdruck
Die Wirkung von Cortisol auf das Blutdruckregulationssystem der Niere kann zu Bluthochdruck führen und gleichzeitig einen Kaliummangel hervorrufen. Ein zu niedriger Kaliumspiegel ist eine Gefahr für Kreislauf und normalen Herzrhythmus. Frühzeichen für einen Kaliummangel sind Muskelschwäche und Muskelkrämpfe. - Insulinresistenz
Ist der Cortisolspiegel dauerhaft erhöht, kann es zur Insulinresistenz und letztlich zum Typ 2-Diabetes kommen. - Abwehrschwäche
- Osteoporose
Quelle: Staufenbiel SM, Penninx BW, Spijker AT, Elzinga BM, van Rossum EF.: Hair cortisol, stress exposure, and mental health in humans: A systematic review. Psychoneuroendocrinology. 2012 Dec 16. pii: S0306-4530(12)00402-7. doi: 10.1016/j.psyneuen.2012.11.015
© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten