In der Studie, veröffentlicht in »Nature Genetics«, wurde die DNA von zwanzig Menschen mit einer erheblichen genetischen Vorbelastung analysiert. Bis jetzt gab es keine Erklärung, warum das Risiko für Darmkrebs in diesen Fällen höher ist. Man spricht von einer familiären Vorbelastung, wenn bei mehreren Familienmitgliedern die Diagnose Krebs gestellt wurde.
Die Wissenschaftler entdeckten Fehler in zwei Genen, die die Chance auf Darmkrebs erhöhen können. Um ihren Befund zu bestätigen, suchten sie nach diesen genetischen Fehlern bei 4.000 Menschen mit Darmkrebs und bei 6.700 Menschen ohne Darmkrebs.
Sie stellten bei den Menschen ohne Darmkrebs keine genetischen Fehler fest. In der Gruppe der Darmkrebspatienten hatten 12 Personen das POLE-Gen und eine Person das POLD1-Gen. Diese beiden genetischen Abweichungen sind sehr selten, aber wenn sie vererbt werden, ist das Risiko für Darmkrebs hoch, berichten die Forscher.
Wichtige Forschungsergebnisse
Professor Richard Houlston vom »Institute of Cancer Research« spricht von einer der wichtigsten Entdeckungen in der Darmkrebsgenetik seit Jahren. Professor Ian Tomlinson von der Universität Oxford sagt: »Die Ergebnisse können in Kürze dazu benutzt werden, um zu bestimmen, welche Menschen ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs haben. In Familien mit hoher Darmkrebshäufigkeit kann so beurteilt werden, wer ein hohes Darmkrebsrisiko hat und deshalb regelmäßig kontrolliert werden sollte.« Laut Professor Tomlinson ist denkbar, dass spezifische Therapien entwickelt werden, um diese Mutationen in Zukunft zu besiegen.
Krebs durch familiäre Vorbelastung
Die Mehrheit der Krebserkrankungen wird durch Umwelteinflüsse wie Rauchen, Chemikalien oder eine ungesunde Lebensweise verursacht. Und trotzdem erkranken manche Menschen nie an Krebs, andere schon in jungen Jahren, unabhängig von ihrer Lebensweise. Hier kommt die genetische Veranlagung ins Spiel. Ist durch eine familiäre Disposition das Risiko für Tumorerkrankungen erhöht und kommen dann ungünstige Umweltfaktoren hinzu, treten Krebserkrankungen eher auf. Vorhersagen diesbezüglich sind schwierig. Treten in der Familie häufig – und schon in einem frühen Lebensalter – Krebserkrankungen auf, ist die Wahrscheinlichkeit für eine erbliche Veranlagung hoch. In solchen Familien wird Krebs oft schon im Durchschnitt zwanzig Jahre früher diagnostiziert als in Familien ohne erbliche Vorbelastung.
Auch Krebsdiagnosen, die vermehrt in mütterlicher oder väterlicher Linie gestellt wurden, deuten auf ein höheres Risiko. Vor allem wenn dabei oft die gleichen Organe oder bestimmte Organkonstellationen betroffen sind.
Experten gehen davon aus, dass etwa fünf Prozent der Krebserkrankungen vererbt werden. Bekannt sind dafür vor allem Brust- und Darmkrebs. Oft treten hier auch schon frühzeitig Krebsvorstufen auf oder Veränderungen, die eine bösartige Tumorbildung zur Folge haben. Als Beispiel seien hier Darmpolypen genannt. Diese zunächst gutartigen Wucherungen im Darm führen bei entsprechender genetischer Vorbelastung mit Sicherheit zur Entwicklung von bösartigen Tumoren.
Prädiktive Diagnostik
Für einige familiäre Vorbelastungen wurde die genetische Grundlage bereits entschlüsselt, so dass eine prädiktive Diagnostik möglich ist. Es kann also festgestellt werden, welche Familienmitglieder das Risiko für bestimmte Krankheiten geerbt haben. Damit ist eine regelmäßige und engmaschige Vorsorge durchführbar, die den Ausbruch der Krankheit verhindert. Doch auch für alle nicht familiär Vorbelasteten gilt: Umfassende Vorsorgeuntersuchungen und rechtzeitige Früherkennung bieten den besten Gesundheitsschutz.
Quelle: Richard S Houlston, Ian Tomlinson et al.: Germline mutations affecting the proofreading domains of POLE and POLD1 predispose to colorectal adenomas and carcinomas. Nature Genetics (2012), doi:10.1038/ng.2503
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