Unter der Leitung von Professor Hans-Ulrich Wittchen, ging ein Psychologenteam der TU Dresden der Frage nach, bei welchen psychischen Erkrankungen es sich um die häufigsten in Deutschland handelt. Die Untersuchung berücksichtigte ausschließlich Erwachsene und fand im Rahmen einer umfassenden Untersuchung des Robert Koch Institutes statt. Bereits im vergangenen Jahr analysierte man das Ausmaß psychischer Störungen auf europaweiter Ebene. Kürzlich gaben die Wissenschaftler nun die ersten Ergebnisse für Deutschland bekannt. Hier ein Überblick.
Psychische Belastung ist weit verbreitet
Den Untersuchungen zufolge leidet jeder dritte Deutsche im Alter von 18 bis 80 Jahren unter einer psychischen Störung. Am meisten betroffen seien hierbei die 18 bis 35 Jährigen. Das Ausmaß psychischer Belastung ist damit im Vergleich zu älteren Studien unverändert groß und nur ein wenig niedriger als in der europaweiten Schätzung.
Immer mehr Männer betroffen
Als häufigstes Problem bei Frauen wurde die Angststörung identifiziert. Hierunter fallen beispielsweise Panikattacken, Phobien oder auch eine generalisierte Angststörung. Ebenso häufig wurden depressive Erkrankungen bei Frauen verzeichnet und körperliche Beschwerden mit psychischer Ursache. Bislang waren Frauen häufiger betroffen, doch verschiebt sich dieses Bild zunehmend und immer mehr Männer leiden unter psychischen Störungen. Neben Angststörungen und depressiven Erkrankungen stehen bei den männlichen Patienten jedoch auch Suchterkrankungen, allem voran die Alkoholsucht im Vordergrund.
Frühe Behandlung wäre von Vorteil
Beim Schmerz im Rücken wird in der Regel recht zügig ein Facharzt aufgesucht, macht hingegen die Psyche Probleme, so wird meist viel zu lange gewartet, bis ein Arzt aufgesucht wird. Ein Fehler. Denn viele psychische Erkrankungen beginnen oftmals schon vor dem 18. Lebensjahr und können unbehandelt die Lebensqualität über Jahrzehnte hinweg beeinträchtigen. Nicht selten wird die Psyche allerdings auf die leichte Schulter genommen oder Erkrankungen werden nicht frühzeitig erkannt, sodass die Erkrankung bei einem Drittel der Betroffenen einen chronischen Verlauf annimmt, der zu weiteren Komplikationen führen kann.
Häufige Ausfälle bei psychischen Störungen
Besonders psychische Erkrankungen sind für eine Vielzahl Fehltage und Arbeitsausfälle verantwortlich. Jeder dritte Patient berichtete davon, dass er in den letzten vier Wochen aufgrund der psychischen Probleme drei bis vier Tage krankgeschrieben war. Bei gleichzeitigem Auftreten verschiedener psychischer Störungen erhöhten sich die Fehltage gar auf durchschnittlich 11,6 pro Monat.
Hemmschwelle für Arztbesuche ist scheinbar hoch
Obwohl psychische Leiden teilweise zu massiven Beeinträchtigungen des Alltags führen, suchten nur rund 30% der Betroffenen einen Arzt auf. In Hinblick auf die teils schweren Symptome ist dies eine erschreckend geringe Zahl. Hinzu kommt, dass die Patienten häufig auch lediglich ihren Hausarzt besuchten und entsprechend keine Behandlung durch einen Facharzt erhielten. Durchschnittlich erfolgte eine Behandlung auch erst viele Jahre nach dem Krankheitsbeginn und erst dann, wenn zusätzliche Erkrankungen oder ein chronisches Ausmaß die psychische Störung bereits verkompliziert haben. Eine Früherkennung und angemessene Behandlung sind die Ausnahme bei der Untersuchung gewesen. Vor allem die Gruppe der 18 bis 35 Jährigen wies eine schlechte Behandlungsquote auf.
Psychische Störungen noch immer unterschätzt
Psychische Leiden werden nicht nur unterschätzt, sondern vielerorts auch einfach belächelt, was es den Betroffenen noch schwerer macht, sich zu einem Arztbesuch durchzuringen. Hier ist deutlich mehr Aufklärung und Sensibilisierung auch bei Arbeitgebern gefragt. Denn erst wenn die Psyche auch gesellschaftlich ernster genommen wird, findet sich gewiss auch schneller der Mut der Betroffenen offener über ihre Probleme zu sprechen und rechtzeitig einen geeigneten Arzt aufzusuchen.
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