Bei der Erforschung von Ursachen für Übergewicht und auf der Suche nach effizienten Therapiewegen sind Tiermodelle in den Forschungslaboratorien sehr beliebt. Dabei sind es häufig Mäuse, deren experimentell erzeugtes Auf und Ab auf der Waage Aufschlüsse über mögliche Hilfen für menschliche Schwergewichte geben soll. Doch Giuseppe Piccione von der Universität Messina mochte sich mit diesem Kleinvieh nicht abgeben. Zusammen mit seinem Forscherteam kam er deshalb auf den Hund. Und was sich dabei so alles als ziemlich dicker Hund entpuppte, könnte vielleicht auch eines Tages den eher stabiler gebauten Herrchen und Frauchen (und natürlich auch allen tierlos lebenden Mitmenschen) einen neuen Weg in eine erschlankte Zukunft weisen.
Dick ist cool
Piccione und seine Kollegen verglichen im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Studie übergewichtige Hunde mit schlanken Artgenossen, immer auf der Suche nach dem kleinen Unterschied, der das große Gewichtsdrama verursachen könnte. Dabei ermittelten sie sozusagen in alle Richtungen – und fanden ein spannendes Indiz direkt am Fieberthermometer. Denn es konnte nachgewiesen werden, dass die dicken Wauzis eine signifikant tiefere Körpertemperatur haben, als die schlanke Vergleichsgruppe. Diese heiße Spur ließ die Forscher aufhorchen. Denn ebenso wie des Menschen bester Freund verbraucht auch der Mensch selbst ungefähr 65 bis 70 Prozent der mit den Mahlzeiten aufgenommenen Energie, um seine Körpertemperatur im biologisch vorgesehenen Bereich aufrecht zu erhalten. Mit diesem Wissen im Hinterkopf wird sofort klar, dass eine abgesenkte „Betriebstemperatur“ im Körper der Zwei- bis Vierbeiner unmittelbar zu einem drastisch verringerten Nahrungsbedarf führt. Wenn man (oder hund) dann aber trotzdem ungehemmt so weiterschlemmt, als ob es weiterhin darum ginge, ein ungedrosseltes Heizkraftwerk zu versorgen, dann bleibt dem Organismus hier wie da nichts anderes übrig, als die überflüssig angelieferten Kalorien in Fettspeichern anzulegen. Dazu macht Piccione beispielhaft die folgende Rechnung auf:
Ein dicker Hund
Man stelle sich einen ausgewachsenen Beagle von durchschnittlicher Größe und normalem Gewicht (etwa 15 Kilogramm) vor. Sollte es diesem Wuffel nun einfallen, den Sollwert für seine Körpertemperatur um lächerliche 0,8 Grad abzusenken, ohne deswegen aber weniger zu fressen, dann würde dieser Beagle in einem einzigen Jahr satte vier Kilo zulegen. Und damit in einem gesundheitlich extrem bedenklichen Übergewicht landen.
Ist „heiß“ wirklich schlanker?
Das Forscherteam glaubt, dass es aus einleuchtenden Gründen der unmittelbaren Vergleichbarkeit auch beim Menschen so sein könnte, dass eine leichte (und darum nicht krankheitswertige) Absenkung des Sollwerts für die Kerntemperatur zu unliebsamen Speckgürteln führt. Eine logische Folge davon wäre es, Mittel und Wege zu finden, die Pfundsmenschen ein wenig anzuheizen, damit dann das Fett wegschmelzen kann. Doch was auf den ersten Blick so konsequent scheint, ist bei näherer Betrachtung mit Vorsicht zu genießen. Denn es könnte ja auch so sein, dass nicht der kühle Kern zu einer dicken Schale führt, sondern dass man umgekehrt erst dick werden muss, warum und wie auch immer, damit sich der Körper in erzwungener Reaktion zur Kühlung veranlasst sieht. In diesem Falle würde es natürlich wenig helfen, den wohlbeleibten Leuten Feuer unter dem Hintern zu machen. Darum wird Piccione mit seinen Mistreitern nun in weiteren Untersuchungen feststellen, was im dicken Ringelreihen die Henne, und was das Ei ist.
Weiterführender Link zum Thema:
G. Piccione, E. Giudice, F. Fazio & R. Refinetti: Association between obesity and reduced body temperature in dogs. International Journal of Obesity (2011) 35, 1011–1018; doi:10.1038/ijo.2010.253
http://www.nature.com/ijo/journal/v35/n8/full/ijo2010253a.html
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