Die Experimentierfreude wurde dem 1803 in Darmstadt geborenen Justus Liebig, der sich ab 1845 aufgrund des ihm verliehenen Freiherren-Titels mit einem „von“ im Namen schmücken durfte, scheinbar schon in die Wiege gelegt. Im elterlichen Haus – der Vater handelte mit Farben und Drogerieartikeln – fand er zahlreiche Dinge, die seine Neugier weckten.
Während des später folgenden Chemiestudiums machte er sich besonders mit den Arbeiten einen Namen, in denen das Knallquecksilber eine zentrale Rolle spielte. Seine ersten Erfolge sicherten ihm die Aufmerksamkeit Alexander von Humboldts, dessen Fürsprache dafür sorgte, dass von Liebig mit nur 21 Jahren in den Dienst der Universität Gießen eintrat. Dort unterrichtete er als Professor für Pharmazie und Chemie. Die Genialität des jungen Wissenschaftlers ließ ihn bald in ganz Europa bekannt werden und 1852 wechselte Liebig an die Universität München.
Von Liebig war nicht nur maßgeblich daran beteiligt, zahlreiche Analysemethoden deutlich zu verbessern, sondern er gilt auch als einer der Entdecker der organischen Chemie. Zudem entwickelte er die Grundlage der heutigen Säuglingsnahrung und entdeckte um 1849 während seiner Forschungen den Phosphatdünger, der noch heute von landwirtschaftlicher Relevanz ist. Am 18. April 1973 starb Justus von Liebig in München, der Stadt, deren Stadtoberhäupter in drei Jahre zuvor zum Ehrenbürger ernannt hatten.
Ein Konzentrat setzt sich durch – Liebigs Fleischextrakt
Eine weitere bedeutende Hinterlassenschaft Justus von Liebigs ist sein berühmter Fleischextrakt aus dem Jahr 1852, das noch heute untrennbar mit seinem Namen verbunden ist. Ursprünglich sollte das Fleischinfusum, das dem Fleisch-Extrakt zugrunde liegt, als hochkonzentrierte Krankennahrung dienen, die der an Cholera erkrankten Tochter eines Freundes wieder auf die Beine helfen sollte.
Die starke Fleischbrühe, deren Bestandteile unter anderem zwei Kilogramm fein gehacktes Rindfleisch, zwei Liter Wasser und ein wenig Salzsäure waren, musste für mehrere Stunden köcheln und verfehlte ihre Wirkung nicht – die Kranke wurde wieder gesund.
Nachfolgend verfeinerte von Liebig dieses Fleischinfusum zum heute bekannten Fleischextrakt und verkaufte es in kleinsten Mengen an interessierte Apotheken. Erst zehn Jahre später überwand das Fleischextrakt dank des Zutuns von Georg Christian Giebert – der in Südamerika die Großproduktion einleitete – nicht nur gesellschaftliche, sondern auch geografische Grenzen.
Von Liebigs Traum, mit diesem Fleischextrakt die breite Nahrungsmittelversorgung der ärmeren Gesellschaftsschichten zu verbessern, ließ sich aus Produktions- und Kostengründen nicht verwirklichen. Dennoch gilt sein Fleisch-Extrakt als Pionier jener Brühwürfel, mit denen immer noch manche Suppe gewürzt wird.
Ein Fleischextrakt wird zum Kultobjekt
Selbst heute – gut 160 Jahre nach seiner Entdeckung – kann von Liebigs Fleischextrakt bei verschiedenen Anbietern bezogen werden. Die berühmten Sammelbilder, die dem Fleischextrakt zur damaligen Zeit beigelegt wurden, gibt es nicht mehr „einfach so“.
Diese von verschiedenen Künstlern gestalteten Sammelbilder, die stets im 6er-Pack ausgegeben wurden und bis 1940 im Handel kursierten, erreichten mittlerweile Kultstatus. Schon damals liefen sie dem eigentlichen Hauptprodukt – dem Fleischextrakt – zeitweilig den Rang ab. Und so, wie von Liebigs Fleischextrakt ein kulinarischer Vorläufer der Würzkonzentrate war, leisteten die Sammelbilder ganze Pionierarbeit in einer Branche, an die damals noch nicht zu denken war: dem Marketing.
Photo: Franz Hanfstaengl (Justus von Liebig)
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