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Superhelden:

Iron Man & Co. … Fiktion oder bald Realität?

Superhelden wie Batman und Iron Man sind in zahlreichen Kinofilmen als reine Fiktion zusehen. Wissenschaflter in den USA gehen der Frage nach, ob sie auch Real existieren könnten.

Avengers - die SuperheldenAkademiker untersuchen die Frage, ob Superhelden wirklich existieren könnten. Universitäts-Wissenschaftler in den USA und Kanada untersuchen fiktive Comic-Helden mit akademischer Seriosität. Das macht oft trockene Forschungsmaterie attraktiver für Studenten und Öffentlichkeit. Außerdem trägt es dazu bei, physikalische Alltagsprobleme zu lösen, um so zum Beispiel behinderten Menschen zu helfen.

Nicht alle Superhelden sind gleich. Ob Superman und Batman oder der Hulk und Iron Man – die Autoren von Comic-Büchern hat es von jeher fasziniert, Helden mit phantastischen Kräften und Eigenschaften solchen gegenüber zu stellen, die sich ausschließlich auf hartes Training und innovative Technik verlassen.

Ähnliches gilt für die Interessen der beiden Forscher James Kakalios und Paul Zehr. Als sich die beiden während des diesjährigen Treffens der weltweit größten wissenschaftlichen Gesellschaft, der AAAS, im kanadischen Vancouver begegneten, da erregte das fast so viel Fan-Aufmerksamkeit, wie wenn die Avengers wieder einmal die Welt retten. Zehr verfolgt vor allem die Frage, ob und wann ein Batman oder Iron Man vor der dem Hintergrund technischer Innovation wirklich existieren könnte. Kakalios hingegen geht es um die physikalischen Grenzen der phantastischen Kräfte mancher Helden.

Blasse Schlauköpfe und grelle Superhelden

Superhelden sind die Giganten moderner Popkultur. Die Avengers flimmern in Deutschland schon seit Ende April über die Leinwände und spielten in den USA an ihrem ersten Wochenende 207 Millionen Dollar ein. Der Kinosommer gehört dann Batman und Spiderman, die beide neue Bösewichte im Juli bekämpfen werden. Bei solcher Popularität ist es kaum verwunderlich, dass selbst wissenschaftliche Seminare zu dem Thema Begeisterung auslösen. Auch die Vancouver-Vorträge von Kakalios und Zehr wurden buchstäblich überrannt von comicbegeisterten jungen Studenten.

Es ist genau diese Schnittstelle zwischen Akademik und Pop, die nirgendwo so stark zum Vorschein kommt, wie in der Begeisterung blasser Schlauköpfe für grelle Comichelden. Das macht sich Kakalios zunutze. „Das Zielpublikum dieser Comics ist im generellen auch von echter Wissenschaft begeistert. Ein Schlaukopf bleibt eben immer ein Schlaukopf“, sagt der Physik-Professor von der Universität von Minnesota. Das gilt sogar für den 50-jährigen selbst, der nach eigenen Bekunden immer noch jeden Mittwoch den Comicladen an der Ecke nach Neuerscheinungen durchstöbert.

150 Millionen Cheeseburger

Prof. Dr. James Kakalios - der Autor von dem Buch: Physik der SuperheldenAngefangen hat alles während eines Physik-Einführungsseminars, für das Kakalios die Idee hatte, Erstsemestlern wissenschaftliche Gesetze mit der Hilfe von Superhelden zu demonstrieren. So stellte er zum Beispiel seinen verblüfften Studenten die Frage, wieviele Kalorien „The Flash“ (in Deutschland auch als „Roter Blitz“ bekannt) konsumieren müsste, um mit Lichtgeschwindigkeit rennen zu können. Anstelle trockene Formeln zu lernen, erinnerten sich die Studenten lieber daran, dass selbst für ein Hundertstel Lichtgeschwindigkeit der DC-Comics-Held nicht weniger als 150 Millionen Cheeseburger verschlingen müsste. Die Idee des Professors hatte so viel Durchschlagskraft wie einer dieser Comic-Charaktere.

Schon bald erschien Kakalios‘ erstes populär-wissenschaftliche Buch, „Physik der Superhelden“, das inzwischen auch auf Deutsch erhältlich ist. Seine erklärte Zielgruppe sind dabei jedoch nicht nur Studenten. Vielmehr möchte der Comic-Professor die Wissenschaft auch einer breiten Öffentlichkeit näher bringen, „um den Zweck und den Wert unserer Forschung deutlich zu machen“. Selbst Schulkinder möchte er so begeistern und motivieren.

Hollywood sucht Wissenschaftler

Inzwischen ist Kakalios sogar als Berater großer Hollywood-Produktionen tätig, wie zum Beispiel bei der Comic-Adaption „Watchmen – Die Wächter “. Hier sorgte der Physiker unter anderen dafür, dass die Schauspieler relevante Formeln auf die Tafeln kritzeln, wenn ein kniffliges wissenschaftliches Problem einmal wieder die Menschheit bedroht.

Doch das macht den Professor keineswegs zu einem Pedanten. Auch ihm ist bewusst, dass es manchmal den Charme dieser Comics ausmacht, wenn etwas völlig Unmögliches mit todernster Miene debattiert wird. „Ich schau mir diese Filme auch nicht mit Taschenrechner und Notizblock an.“ Wenn er aber etwas wissenschaftlich Akkurates findet, „dann ist das wie ein Insider-Witz“ unter Experten – zum Beispiel wenn ihm auffiel, dass Iron Man einen Lötkolben korrekt verwendet.

Helden ohne Superkräfte

Iron Man und seine Avengers KollegenIron Man fällt jedoch eher in den Zuständigkeitsbereich von Paul Zehr. Denn der Marvel-Charakter gehört zu der Gattung Held, die weder von einem fernen Planeten stammt noch von einer radioaktiven Spinne gebissen wurde. Der Neurologe von der Universität Victoria in Kanada bevorzugt Protagonisten, die sich ausschließlich auf ihre Intelligenz, Athletik und nicht zuletzt auch auf ihr Vermögen verlassen.

Zehr verweist darauf, dass es kein Zufall und vielmehr ein beliebter Kunstgriff der Comicautoren ist, wenn ein Held im wahren Leben ein Millionär ist. Denn Existenzen wie die von Iron Man oder Batman verschlingen eine Menge Geld. Auch hier zeigt sich eine Schnittstelle mit der Realität. Die Erforschung und Entwicklung solch innovativer Technologie wie des Iron Man-Anzugs oder des Batmobils würde wie in den Comics die tiefen Taschen eines reichen Gönners erfordern.

Neurologen und Comics

Als Direktor des Zentrums für biomedizinische Forschung in Victoria untersucht und entwickelt Zehr Technologie, die nicht nur in Superhelden-Comics passen würde, sondern auch einen realen Nutzen bietet. Sein Spezialgebiet ist dabei die Neurale Plastizität. Dabei geht es um die Fähigkeit des Gehirns, sich bei Bedarf selbst umzuprogrammieren. Wenn ein bestimmter Bereich ausfällt, kann ein anderer lernen, die ausgefallene Funktion oder eine ähnliche zu übernehmen.  Das ist wichtig bei der Wiederherstellung motorischer Körperfunktionen, zum Beispiel nach Schlaganfällen oder Wirbelsäulenverletzungen. Außerdem sind Forscher überzeugt, dass unsere Hirnsynapsen auch bald in der Lage sein werden, Technologie direkt durch Gedankenkraft zu steuern.

Genau das ist auch das Prinzip des Iron Man-Anzugs. Deswegen hat das Comic es Zehr so angetan, dass er bereits ein ganzes Buch zu dem Thema verfasst hat, „Inventing Iron Man“ (Iron Man erfinden). Zehr ist überzeugt: „Der Anzug ist 20 bis 40 Jahre entfernt.“ Die notwendige Technologie existiere bereits und müsse nur noch verfeinert werden. Dabei gilt es vor allem, das Problem der Zeitverzögerung zu lösen. Direkt vom Gehirn aus gesteuerte technische Funktionen müssten von dort aus in Echtzeit gesendet werden. Also muss der Kopf verkabelt werden, ohne dabei Verletzungen auszulösen – ein nicht einfaches Unterfangen.

Iron Man-Anzug bald Realität?

Dennoch sind entsprechende Projekte bereits auf dem Weg. So hat der biomedizinische Ingenieur Bin He an der Universität Minnesota einen Helm entwickelt, der seinen Nutzern erlaubt, per Gedankenkraft einen Cursor auf einem Computerbildschirm zu bewegen.

An der Universität von Pittsburgh implantierten Forscher schon 2008 Elektroden in das Gehirn eines Affen, der daraufhin in der Lage war, einen Roboterarm zu steuern, um sich selbst zu füttern. Die selbe Hochschule machte im vergangenen Jahr Schlagzeilen, als in einer Weiterführung des Hirnelektroden-Experiments der Querschnittsgelähmte Tim Hemmes durch einen Roboterarm die Hand seiner Freundin halten konnte.

Iron Man am nächsten kommt dabei derzeit der Japaner Yoshiyuki Sankai mit seinem HAL-Projekt. HAL ist das englische Kürzel für „hybrides assistierendes Gliedmaß“ – ein robotisches Außenskelett, das Arm-und Beinbewegungen um das Zehnfache verstärken kann. Innovationen im Bereich der Anzüge für Astronauten oder Bomben-Entschärfer komplettieren das futuristische Bild.

So können vielleicht schon bald Ideen, die einst in einem Comic ihren Anfang nahmen, das Leben zum Beispiel für behinderte Menschen einfacher machen. Iron Man und seine Freunde retten so zwar nicht die Welt vor Superschurken, machen sie aber zumindest lebenswerter.

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Über Roman Goergen

Roman Goergen kann auf 20 Jahre Berufserfahrung als Journalist, Syndikations-Agenturleiter und Korrespondent zurückblicken. In vier Ländern auf drei Kontinenten - Deutschland, Namibia, Südafrika und Kanada sind seine Publikationen veröffentlicht worden. Seine Reportagen sind auf Deutsch und Englisch in über 70 führenden Zeitungen und Zeitschriften erschienen. Derzeit arbeitet er von Toronto aus für amerikanische, südafrikanische und deutsche Publikationen.