Die instinktive Angst vor Naturgewalten ist tief im Menschen verwurzelt. So tief, dass dadurch der Sinn für die wahren Gefahren weitestgehend verkümmert ist, und irgendwo in einer finsteren mentalen Abstellkammer dümpelt. So haben beispielshalber sehr viele Menschen eine panische Angst vor Blitz und Donner. Prominenter Fall: Madonna. Tatsächlich wohnt aber die Wahrscheinlichkeit, durch einen Blitz zu Tode zu kommen, bei der nahe Null liegenden Zahl von 1:16.500.000. Dagegen büßen Männer, die sich gegen die Ehe entschieden haben, sehr reale und konkrete 3.500 Lebenstage ein. Es ist also für die Lebenserwartung viel wichtiger, einem geliebten Menschen beizeiten das Ja-Wort zu geben, als sich bei jedem Gewitter in den hintersten Winkel zu verkriechen. Tatsächlich scheint es inzwischen bewiesen zu sein, dass sich die Menschen vor den absolut falschen Sachen fürchten, während die realen Bedrohungen keinen Bühnenauftritt im Bewusstsein bekommen. Doch was ist wirklich echt gefährlich? Und was sieht dagegen bloß gefährlich aus?
Chancen und Risiken schwarz auf weiß
Der Mediziner und Autor Klaus Heilemann hat sich in seinem „Risikobarometer“ die Mühe gemacht, trockene Statistiken zum Thema Todesursachen und Sterberaten sozusagen mit Leben zu erfüllen. Dabei begegneten ihm gleichzeitig faszinierende Fehleinschätzungen und alarmierende Aussetzer. Und er förderte ein grundlegendes Dilemma zu Tage: Wenn die Menschen nicht das fürchten, was gefährlich ist, sondern das, was sie für gefährlich halten, dann können sich echte Schrecken ungehindert ausbreiten. Dafür ein paar Zahlenbeispiele:
Vierundsechzig Prozent aller Deutschen haben konkret Angst davor, durch tobende Naturgewalten zu Tode zu kommen. So hat es die R+V Versicherung in einer repräsentativen Umfrage ermittelt. Im wahren Leben liegt aber die Chance, durch die bebende Erde, die urgewaltigen Flutwellen, den Feuer speienden Vulkan oder eine Dürreperiode zu Tode zu kommen, bei der geradezu lächerlichen Quote von 1: 1.000.000. So weit das Statistische Bundesamt.
Medizinische Fehlurteile
Bei der Einschätzung von Krankheitsrisiken sieht es nicht viel besser aus. Das Schreckgespenst Nummer Eins, der Krebs, ist in zwei Drittel aller Deutschen Köpfe stets präsent. In Wahrheit ist es aber viel wahrscheinlicher, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu verscheiden (1:200), oder an den Folgen übermäßigen Tabakkonsums (1:210). Der Krebs schafft hier tatsächlich nämlich „nur“ die Quote 1:360.
Terror als Tarnkappe?
Die Wahrscheinlichkeit, hierzulande das Todesopfer eines Terroranschlags zu werden, beträgt 1:1.000.000. Im Vergleich dazu liegt die Chance, durch falsch verordnete Medikamente zu sterben, bei 1:10.000. Oder, um es frei nach Volker Pispers zu sagen: Von solchen Erfolgsquoten, wie schlechte Ärzte sie vorweisen können, kann Al Quaida nur träumen. Also sollte man Quacksalber besser meiden, und dafür mehr Sport treiben? Das ist auch nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Jedenfalls dann nicht, wenn man gerne sportlich in die Luft geht. Denn das Risiko, eine Ballonfahrt, einen Segel- oder Drachenflug, einen Sprung mit dem Fallschirm oder einen Flug im Helikopter nicht zu überleben, liegt bei etwa 1:500. Damit ist es etwa doppelt so groß wie die Wahrscheinlichkeit, sich zu Tode zu saufen.
Gefahr erkannt – Gefahr gebannt. So könnte das Motto von Klaus Heilemann lauten. Wer also ab sofort nur noch realen Bedrohungen ausweichen will, der sollte auf jeden Fall bald die Risikobarometer-Anzeigen ablesen.
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