Organisationen mit ausgebildeten Denkern, die sich über grundlegende Probleme den Kopf zerbrechen und stundenlang, Tag für Tag nach Lösungen suchen, haben seither an Bedeutung zugenommen und sich weltweit mehr als verdoppelt. Doch was machen solche Denkfabriken eigentlich genau, welche gibt es und wer steckt dahinter?
Als das Denken seinen Anfang nahm
Jeder Mensch denkt in fast jeder Minute seines Lebens. Doch während die Gedanken selbst vom Alltag und aktuellen, persönlichen oder beruflichen Situation dominiert werden, gibt es seit Menschen Gedenken auch professionelle Denker, die sich über die Fragen der Welt, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sprichwörtlich den Kopf zerbrechen. Vor Hunderten von Jahren, als die Wissenschaften Ihren Lauf nahmen und im Denken, also der Philosophie, die Mutter aller Erkenntnis fanden, war die Denkweise von vielfältigen Fragestellungen bestimmt. Warum leben wir? Wie leben wir? Warum werden wir krank? Übersetzt entstanden aus den Problematiken dann unter anderen Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften. Und wie wichtig und hilfreich dieses instrumentalisierte Denken war und ist, zeigt sich uns allen jeden Tag im Leben. Fortschreitende Technik und Medizin, immer wieder neue wissenschaftliche Nutzen und nicht zuletzt auch die Unterhaltung und das Amüsement erleichtern und versüßen uns den Alltag, sondern sind überwiegend Ergebnis des Denkens. Wenn die Forschung, Wissenschaft und Universitäten nun also derartige Errungenschaften hervorbringen, was läge da näher, als Denker auch für ganz spezielle Problematiken einzusetzen?
Denken als Beruf
Vereinfacht ausgedrückt sind die Beschäftigten in Denkfabriken eine Art Berater, die entweder aus eigener Initiative Lösungen für allgemeine Probleme suchen oder direkte Aufträge zu konkreten Fragestellungen erhalten. Um nur zwei kleine Beispiele zu nennen, kann ein Unternehmen eine Denkfabrik damit beauftragen, die Strukturen für ein neues Management zu gestalten oder der Staat kann sich in finanziellen Fragen von einem Pool an Finanzexperten beraten lassen. Denkfabriken, die selbständig ohne Auftraggeber arbeiten können bereits an Lösungen für Probleme tüfteln, die noch gar nicht existent sind. So ließe sich zum Beispiel Strategien für die Regierung im Falle eines Staatsbankrottes erarbeiten so lange alles noch in Ordnung ist. Sollte dieser dann eintreten, was sehr plötzlich der Fall sein kann, können die Politiker auf die vorgefertigten Vorschläge der Denkfabriken zugreifen und schnell reagieren und handeln. Der Vorteil solcher Einrichtungen liegt also auf der Hand und ist in der Tatsache zu finden, dass sich Experten auf einem Gebiet zeitnah oder schon im Vorfeld um die adäquate Lösung auch schwerwiegender Probleme kümmern.
Denkfabriken schießen aus dem Boden
Die Brookings Institution in Washington ist die älteste Denkfabrik und wurde bereits im Jahre 1916 gegründet, wobei die Bezeichnung als Denkfabrik selbst erst in den 1940er Jahren aufkam. Bis dahin waren die Institutionen einfach unter ihren offiziellen Namen bekannt. Während des Zweiten Weltkrieges kristallisierte sich die Wichtigkeit der Einrichtungen heraus und erste Bezeichnungen, wie „Brain Box“, zu Deutsch „Gehirnkiste“, kamen zum Vorschein, bevor sich seit 1945 der Name „Think Tank“, also „Denkfabrik“ etablierte. Diese Denkfabriken galten zunächst nur der unabhängigen politischen und militärischen Beratung, weiteten sich in den 1980er Jahren aber auf vielfältigere Problemstellungen aus. Fortan beschäftigte man Menschen eigens zu dem Zweck über politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Fragen nachzudenken und im öffentlichen Diskurs zu präsentieren. Dies erfolgte entweder durch Veröffentlichungen von Büchern oder Artikeln, durch das Führen von Diskussionen mit weiteren Experten und Funktionären des entsprechenden Problems oder auch durch die direkte wissenschaftliche Beratung von Politikern. Ziel in jedem Falle ist aber das Entwickeln von Strategien oder Konzepten, die auf Erfolg programmiert sind, ganz gleich um was für ein Problem es sich auch handeln mag. Solche Denkfabriken sind überwiegend öffentlich durch Gesellschaften oder Stiftungen finanziert, finden sich aber auch immer öfter in privater Hand von Unternehmen, Vereinen oder auch Personen, welche die Interessen ihrer jeweiligen Lobby vertreten, ein Punkt, der hin und wieder auch zu Kritik an den Institutionen führt. Welche Ziele eine Denkfabrik genau verfolgt, hängt also von Ihrem Ursprung ab.
Gleiches Denken, verschiedene Ziele
Zu den wichtigsten Aufgaben der Denkfabriken zählen das Setzen von Schwerpunkten in der Politik, die Forschung, die Beratung von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit, sowie das Ziel öffentlicher und wissenschaftlicher Debatten, um Probleme schon früh zu erkennen. In den Vereinigten Staaten von Amerika werden die Institutionen zudem genutzt, um frühzeitig einen Pool an Experten auszubilden, die später wichtige Positionen in Politik oder Verwaltung einnehmen werden. Grundsätzlich werden die Denkfabriken in vier Arten unterschieden:
Akademische Denkfabriken
Die akademischen Denkfabriken sind die Klassiker und gehen auf die erste Einrichtung ihrer Art, die Brookings Institution, zurück. Bei dieser Form handelt es sich im Grunde um Universitäten, jedoch ohne Studenten, dafür mit dem geballten Wissen von Experten und Wissenschaftlern, die sich gezielten Fragestellungen widmen. Die Ziele werden auf lange Sicht ins Visier genommen, die Arbeit ist streng wissenschaftlich und die Ergebnisse werden in Studien, Büchern oder Artikeln der Öffentlichkeit präsentiert.
Forschung auf Auftrag
Auch beim Forschen nach einem speziellen Auftrag kann die Arbeitsweise den akademischen Denkfabriken entsprechen, jedoch handelt es sich dabei meist um kurzfristige, beauftragte Fragestellungen, denen meist unter Zeitdruck nachgegangen werden muss. Oftmals sind Regierungen Auftraggeber, die auch kritische Ergebnisse der Institutionen schätzen. Ursprung dieser Form ist die US-amerikanische „RAND Corporation“, welche den US-Streitkräften nach dem Zweiten Weltkrieg beratend zur Seite stand.
Advokatische Denkfabriken
Die advokatischen Denkfabriken gehen auf die „Heritage Foundation“ in Washington, USA, zurück. Die Arbeit dieser Form bedient sich meist an schon gedachten oder gar spruchreifen Ideen, die durch die Denkfabrik geschliffen und in Form gebracht werden. Die Verbreitung der Ergebnisse ist hierbei vergleichsweise aggressiv und nutzt sehr intensiv die Massenmedien. Entsprechend bestehen die Teams auch aus Wissenschaftlern und Werbefachleuten, die Ihre Ergebnisse teilweise brachial und in missionarischer Absicht verbreiten. Auftraggeber sind meist wirtschaftliche Interessengruppen, weswegen dieser Form der Denkfabrik häufig Lobbyismus vorgeworfen wird und es teilweise harsche Kritik hagelt.
Parteinahe Stiftungen
Die parteinahen Stiftungen sind salopp ausgedrückt die Werbeorgane ihrer jeweiligen Partei. Diese dienen vordergründig zwar der politischen Bildung des Volkes, der Begabtenförderung und der Entwicklungszusammenarbeit, doch vertreten sie hintergründig selbstverständlich die Ansichten und Ziele ihrer entsprechenden Politik. Diese Form der Denkfabriken gibt es nur in Deutschland.
Die Denkfabriken heute
Wie erfolgreich eine Denkfabrik in der jeweiligen Problemstellung sein wird, ist natürlich im Vorfeld nur schwer Einzuschätzen. Was sich in der Vergangenheit jedoch häufig als positiv erwiesen hat, ist das „Vorausdenken“, so sorgen die vorgefertigten Lösungen für Probleme im Härtefall für schnelle und angemessene Reaktionen. Bis heute existieren weltweit übrigens etwa 6.300 Denkfabriken.
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