Startseite / Wirtschaft / Von ddp über dapd in die Pleite

Nachrichtenagentur:

Von ddp über dapd in die Pleite

Drei Jahre nach der Neuaufstellung der dapd, folgt nun die Pleite der Nachrichtenagentur. Schon die Anfänge vor 40 Jahren waren abenteuerlich.

Logo der dapd Nachrichtenagentur bei den Medientagen„Die Nachrichtenagentur ddp hat neue Eigentümer. Sie gehört jetzt Peter Löw und Martin Vorderwülbecke“. Diese am 22. Januar 2009 vom Branchendienst Kressexpress verbreitete Meldung riss journalistische Insider nicht vom Hocker, den gewöhnlichen Pressekonsumenten schon gar nicht. Verkäufe, Insolvenz, neue Ansätze hatten in den vorausgegangenen Jahrzehnten diese Nachrichtenagentur, mit vollem Namen Deutscher Depeschendienst, immer wieder begleitet. Insider wurden dann aber doch hellhörig, als ddp elf Monate später den deutschen Dienst der amerikanischen Agentur Associated Press (ap) schluckte und sich fortan dapd nannte. Zu schlucken hatten dann keine drei Jahre später, Ende September 2012, genau 299 Mitarbeiter: Die dapd Nachrichtenagentur meldete sich zahlungsunfähig. Der Insolvenzverwalter ist bestellt, und so endet eine spannende, auch abenteuerliche und wechselvolle Geschichte auf dem deutschen Markt der Nachrichtenagenturen. Was auch ein bisschen journalistische Verödung bedeuten könnte.

Das Bonner politische Leben bereichert

Was jetzt zu Ende gegangen ist, hatte Anfang der 1970er Jahre einen genauso abenteuerlichen Anfang gefunden. Mit eben jener Agentur, die sich Deutscher Depeschendienst (ddp) nannte. Sie hatte, vor allem in den 1970er Jahren, in Bonn und von Bonn aus Pressegeschichte geschrieben. Die ddp-Story, vor allem die Gründungsstory, ist eine ungewöhnliche; sie hat das politische Leben in der „alten Bundesrepublik“ ungemein und unorthodox bereichert.

Jacubowski und eine clevere Crew

Cord Dreyer auf einer Pressekonferenz der dapdGenau gesagt, von einer kleinen Villa am Rande des Bonner Regierungsviertels mit der Hausadresse Friedrich-Wilhelm-Strasse 45 aus. Hier hatte der bei der in Frankfurt ansässigen amerikanischen Nachrichtenagentur UPI im Streit ausgeschiedene Manfred Jacubowski im Jahr 1971 eine kleine Schar erstklassiger Journalisten versammelt, die Bonn und die journalistische Szene in der Bundeshauptstadt aufmischten. Auch die allmächtige deutsche Nachrichtenagentur Deutsche Presse Agentur, von vielen „alte Tante dpa“ genannt. Mit ihrer unorthodox forschen Art, Nachrichten zu gestalten, mit ihrer technischen Fähigkeit, sie auch rasch umzusetzen und zu verbreiten, schaffte es die Nachrichtenagentur ddp in der Mitte der 1970er Jahre, vor allem den mit den Alliierten nach dem Krieg nach Deutschland gekommenen Agenturen ap, Reuters oder afp die Nase zu zeigen. Die Agentur wurde zum Hecht im Karpfenteich.

Manfred Schell, Martin Süskind, Wilfried Herz

Jacubowski, als Journalist so glänzend wie als Geschäftsmann miserabel, hatte den großen Vorteil des Standortes Bonn, der politischen Machtzentrale also; dpa hingegen residierte mit ihrem Hauptsitz in Hamburg und hatte am Rhein lediglich eine Hauptstadtredaktion. ddp in Bonn wurde zur Talentschmiede. Hier arbeiteten Manfred Schell, später Chefredakteur der WELT, Martin Süskind, in der Folge Chefredakteur der Berliner Zeitung oder Wilfried Herz, zuletzt Wirtschaftschef der Zeit und Berliner Wirtschaftskorrespondent des Blattes. Gernot Facius, dann Nachrichtenchef der WELT oder Helmut Lölhöffel, später Ostberliner Korrespondent der Frankfurter Rundschau, gehörten ebenfalls ins Team. Sie waren Angestellte des Unternehmens, zum Teil zugleich aber auch Gesellschafter.

Schnell auch ohne Internet und Handy

Die Arbeit bei ddp in Bonn – und dann auch in einigen Landeshauptstädten – bestand aus der täglichen Improvisation zur Verbreitung knapper, glasklar formulierter Nachrichten. Es gab zu jener Zeit kein Internet, kein Handy, aber es gab tagtäglich den zeitlichen Vorsprung vor der Konkurrenz. Chefredakteur und Geschäftsführer Jacubowski war allerdings ein Technik-Freak. Die bislang in Lochstreifen gestanzten und so über Leitung verbreiteten Nachrichten wurden schon in den 70er Jahren in eine Art Computer eingespeist. Die technische Steuerungs- und Schaltzentrale füllte das ehemalige Badezimmer der ddp-Villa in der Friedrich-Wilhelm-Straße.

„Das Unternehmen ist wieder profitabel“

So wurde ddp zum Pionier, aber Jacubowski scheiterte in den 80er Jahren. Er hatte offenbar kaufmännisch überzogen, und die Eigentümer der Agentur wechselten häufiger als gut war. Indessen hatte man am 22. Januar 2009 im Kressexpress lesen können: „Für ddp sind die neuen Eigentumsverhältnisse ein gutes Signal … das Unternehmen ist profitabel“. Für knappe drei Jahre.

Fotos: © picture-alliance / dpa / Sven Simon

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Klaus J. Schwehn

Nach 25 Jahren spannender Tätigkeit als Parlamentskorrespondent in Bonn (Badische Zeitung, Die Welt, Berliner Tagesspiegel) lebe ich heute in Oberitalien. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik und Gesellschaft in Italien und Deutschland; aber auch Fragen der Europäischen Union.