Grade ist Joachim Starbatty damit beschäftigt Briefe und Emails zu beantworten. Eimerweise sind diese bei der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft in Tübingen eingegangen.
Den seit einiger Zeit ist der Wirtschaftsprofessor wieder sehr häufig in den Medien vertreten. Da die Griechenlandhilfe der Bundesregierung seiner Auffassung nach nur den Banken zugutekomme, schickte der Wirtschaftswissenschaftler einen Eilantrag und eine Verfassungsbeschwerde nach Karlsruhe. Diese wurde jedoch abgelehnt.
Vor 13 Jahren war das schon einmal so. 1997 wurde er bekannt, als er gegen die Einführung des Euro klagte. „Euroskeptiker“ nannten ihn damals viele, jetzt bekommt er häufig das Etikett „Eurorebell“ verpasst.
„Ich wundere mich, wie leicht man den Ausdruck Rebell verpasst bekommt“, sagt Starbatty, doch wirklich zu stören scheint es ihn nicht. Denn die aktuelle Situation könnte er als Bestätigung seiner Warnungen bei der Euroeinführung sehen. Doch Genugtuung empfinde er dabei heute nicht, vielmehr sei es die Sorge um die Mitbürger, die ihn umtreibe.
Starbatty, Jahrgang 1940, der in Freiburg und Köln Volkswirtschaftslehre studierte, arbeitete als Wissenschaftlicher Assistent von Alfred Müller-Armack. Anschließend war er drei Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter der CDU-CSU-Fraktion im Bundestag. Doch dem Politikbetrieb blieb der Wissenschaftler nicht verbunden, nach seiner Habilitation war er zunächst als Professor in Bochum bevor er 1983 an die Universität Tübingen kam.
War es eine große Umstellung für den gebürtigen Düsseldorfer nach Schwaben zu kommen?
„Ich habe die Zuverlässigkeit der Schwaben sehr geschätzt“, sagt er. Und Universitäten seien ja immer ähnliche „Biotope“. Ein Biotop, in dem sich der Wissenschaftler wohlfühlt. Viele Veröffentlichungen, Auszeichnungen und die Ehrendoktorwürde der Viadrina Universität in Frankfurt Oder zeugen davon.
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„Ich bin ein aufrechter, den Menschen und dem Leben zugewandter Mensch“, so beschreibt sich der Ökonom selbst. Joachim Starbatty hat seine Grundsätze, an denen er festhält. Und so ist er eher ein „Überzeugungstäter“ als ein „Rebell“.
Wie hoch schätzen Sie die Gefahr einer Inflation ein?
Jede Inflation beginnt mit Staatsverschuldung und dem Ankauf von Staatsanleihen durch die Zentralbanken.
Ich glaube, dass die Inflationsrate stark steigen wird: über 5 Prozent. Alle Erfahrungen zeigen, dass Länder, die hoch verschuldet sind, zur Inflation neigen. Dadurch werden Sparanlagen und die Altersvorsorge vieler Bürger entwertet.
Hat es sie nie gereizt in die Politik zu gehen?
Es hat schon Reize gegeben. Aber in der Wissenschaft fühle ich mich doch wohler. Politik ist ein schweres Geschäft. Da darf man nicht so pingelig mit seinem Gewissen sein.
Anmerkung: Mittlerweile hat sich der honorige Professor doch für die Politik entschieden. Joachim Starbatty kandidiert für die Partei Alternative für Deutschland (AfD) für den Bundestag.
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Die Inflationsangst der Deutschen wird seit Jahren gehörig angeheizt. Professor Starbatty trägt in diesem Interview wieder mit dazu bei, wenn auch aus persönlich und wissenschaftlich lauteren Motiven.
Man sollte diese Debatte zum Zwecke der Versachlichung aber in Relation betrachten. Denn während gegenwärtig in etlichen Staaten der Welt bereits seit vielen Jahren mindestens zweistellige Inflationsraten vorherrschen, sorgen wir uns bloß über die theoretische Möglichkeit einer kurzzeitig 5%igen Inflation.
Fakt ist: Wir befinden uns in Euroland weiterhin mitten in einer allgemeinen und massiven Finanzkrise, insbesondere auf einem seit Jahren hohen und steigenden Level der Staatsverschuldung. Und dennoch will die befürchtete (zudem einstellig prognostizierte) Inflation nicht eintreten, zwischenzeitlich sank die Teuerungsrate sogar. Alle Inflationsbefürchtungen der vergangenen Finanzkrisen-Jahre sind für den Euro bislang im prophezeiten Maße bei weitem nicht eingetreten.
Und selbst wenn es zu der höchst ärgerlichen Inflation von 5% käme:
Spürbar abgefangen werden könnte sie zum einen durch eine (z. T. politisch erstrittene) Erhöhung der Lohn- und Gehaltseinkommen (und nachfolgend der Renten), zum anderen durch steigende Sparzinsen.
Wir müssen überdies gleichzeitig bedenken, dass der Zinsanstieg von maßgeblichen politischen Kräften in EU-Europa nicht gewollt ist, weil dies die schnelle Pleite gleich für mehrere Euro-Länder bedeuten würde. Wir können also damit rechnen, dass der dominante politische Wille in Euroland gegen inflationäre Entwicklungen zu wirken versucht.
Aus all diesen Gründen sollte uns die Inflationsangst nicht den Verstand rauben.