Unter dem Namen FlinK beschäftigen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Lehrgebiet Psychologie der Fernuniversität Hagen mit „Freelancern im Spannungsfeld von Flexibilisierung und Stabilisierung“. Dafür befragten sie unter anderem freiberufliche Journalisten, Freelancer aus anderen Medienberufen und Selbständige in der IT-Branche. Die drei Gruppen unterscheiden sich in wesentlichen Punkten voneinander, so das Ergebnis – doch eines ist allen gemein: die erstaunlich hohe Zufriedenheit.
Wechselnde Auftraggeber bedeuten weniger Sicherheit
Schätzungen zufolge sind zwei Millionen Berufstätige in Deutschland freiberuflich für verschiedene Auftraggeber tätig. „Frei“ bedeutet hier, zu weiten Teilen unabhängig vom oft starren Korsett der Bedingungen, die Festangestellte haben. Die Kehrseite dieser Freiheit ist eine viel größere Unsicherheit – beruflich, privat, nicht zuletzt finanziell. Freelancer wissen selten, wie viel sie am Ende des Monats auf dem Konto haben werden. Und auf viele Freelancer trifft zu: „Ich bin selbständig – ich arbeite selbst und ständig.“
Prof. Dr. Ingrid Josephs und Dr. Andrea Kettenbach von der Fernuni in Hagen haben die untersuchten Freelancer klassifiziert: Als „intrinsisch motivierte Überzeugungstäter“ entpuppten sich die freien Journalisten, „flexible Individualisten“ finden sich bei den Medien-Freelancern und „unaufgeregt rational“ zeigen sich die Freelancer in den IT-Berufen.
Überzeugungstäter: freie Journalisten
„Sie geben nicht auf, auch wenn ihre Kosten hoch und die psychische Belastung enorm sind“, fasst Ingrid Josephs das Ergebnis der Interviews mit den Journalisten zusammen. Überzeugungstäter sind es, schlussfolgern die Hagener Wissenschaftler, die um die Bedeutung der Selbstvermarktung zwar wissen, aber die Akquise nur widerwillig betreiben. Dennoch kümmern sie sich überwiegend selbst darum, Aufträge an Land zu ziehen. Journalisten schätzen ihr auch nach außen hin klares Berufsbild und sind stets bestrebt, sich fachlich zu verbessern. Die Motivation für ihre Tätigkeit ist nicht leicht auszumachen. Weder sind die freien Journalisten zufrieden mit ihrem Honorar, noch lassen sie sich durch Anerkennung blenden. Die hohe Flexibilität, die ihnen abverlangt wird, empfinden sie ebenso wie die Auftragsakquise als Belastung.
Zufrieden sind sie dennoch – weswegen sie in der Studie als „intrinsisch motiviert“ bezeichnet werden. Berufs- und Privatleben sind bei den journalistischen Freelancern kaum voneinander getrennt. Trotz der häufig einsamen Tätigkeit identifizieren sich die Journalisten häufig mit den Medien, für die sie arbeiten – und betrachten deren Mitarbeiter als Kollegen.
Flexibel: Freelancer in Medienberufen
„Irgendwas mit Medien“, so lautet ein relativ häufiger Berufswunsch. Genauso unklar ist das Berufsbild oft nach außen hin – das stört die Medien-Freelancer aber nicht, so ein Ergebnis der Studie. Ingrid Josephs: „Berufs- und Privatleben gehen ineinander über, Flexibilität gehört zu ihrem Kerngeschäft und wird als ich-affin erlebt.“ Medien-Freelancer arbeiten nicht immer allein. Sie nehmen es, wie es kommt. Denn sie sind flexible Individualisten. Auch sie identifizieren sich mit den Organisationen, für die sie tätig sind, betrachten deren Mitarbeiter jedoch im Gegensatz zu den Journalisten nicht bzw. kaum als Kollegen. Ihre Motivation ziehen die Medien-Arbeiter aus der Anerkennung anderer. Für das unabhängige und kreative Arbeiten haben sie sich ganz bewusst entschieden. Akquise mögen auch sie nicht, dafür leiden sie weniger unter ihrer instabilen Situation als die journalistischen Freelancer. Das mag auch damit zu tun haben, dass sie ihre Aufträge überwiegend durch Empfehlungen erhalten.
Unaufgeregt-rationale IT-Freelancer
Wie die Jungfrau zum Kinde sind viele ITler in der Selbständigkeit gelandet. Bewusst angestrebt haben sie die wenigsten von ihnen. IT-Freelancer haben die Ruhe weg – sind unaufgeregt und rational, wie die Studie aus Hagen zeigt. Wenn ihre Tätigkeit für Außenstehende ein Buch mit sieben Siegeln bleibt, so ist das den ITlern herzlich egal. Sie blicken gelassen auf ihre Kosten-Nutzen-Bilanz und sind zufrieden. Sogar sehr zufrieden sind sie mit ihrem Einkommen. Die Akquise fällt ihnen leicht, sagen sie. Schelme sind es, erhalten sie doch ihre Aufträge überwiegend über Vermittler und gehen nicht selbst Klinken putzen. Auch die IT-Freelancer identifizieren sich mit den Unternehmen, für die sie arbeiten und betrachten deren Mitarbeiter als Kollegen. Berufs- und Privatleben ist bei ihnen deutlicher voneinander getrennt als bei den anderen beiden Berufsgruppen.
Fest oder frei? Beides hat Vorteile
Insgeheim werden viele Festangestellte und Freelancer den jeweils anderen beneiden – der Feste den „Freien“ um seine vermeintliche oder tatsächliche Unabhängigkeit; der Freie den Festen um den geregelten Feierabend und das monatliche Fixgehalt samt Weihnachtsgeld. Eine weitere Online-Umfrage der Fernuni Hagen unter 103 freien und festangestellten Berufstätigen hat ergeben, dass Freelancer tendenziell mit ihrer Work-Life-Balance, also dem Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben, unzufriedener sind als die Festangestellten. Gleiches gilt für die allgemeine Lebenssituation und die Auftragslage.
Zufriedener sind die Freelancer insgesamt indes mit ihrer Berufswahl, ihrem Werdegang und ihrem Honorar, insbesondere aber mit der Art ihrer Tätigkeit. Die freie Zeiteinteilung und das eigenverantwortliche Arbeiten sind für Freelancer klare Pluspunkte. Insgesamt sind sie also zufriedener als die Wissenschaftler vermutet hatten.
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