Gerade in starken Wirtschaftskrisen fühlen sich viele Arbeitnehmer nicht mehr sicher. Es kursieren Gerüchte über die Schließung des Unternehmens, in dem man beschäftigt ist oder der Vorarbeiter macht Druck aufgrund angeblich mangelnder Leistung. Dann hat der Arbeitskollege hier mal etwas gelesen oder da mal etwas gehört und schnell entstehen Irrtümer, die nicht dem tatsächlichen Arbeitsrecht entsprechen. Denn natürlich hat der Chef nicht immer Recht – der Arbeitnehmer aber auch nicht. Hier haben wir einige verbreitete Irrtümer für Sie zusammengefasst.
Wer entlassen wird, erhält eine Abfindung
Leider nicht automatisch. Im Gegensatz zu anderen Ländern, gibt es in Deutschland einen umfassenden Kündigungsschutz, sodass eine Entlassung entweder gerechtfertigt ist und keine Abfindung anfällt oder der Rauswurf nicht rechtmäßig stattgefunden hat und der Gekündigte nach einer Klage vor dem Arbeitsgericht im entsprechenden Unternehmen weiterarbeiten kann. In beiden Fällen ist keine Abfindung von Seiten des Gesetzes vorgesehen. Unter verschiedenen Umständen kann es selbstverständlich dennoch zu der Zahlung einer Abfindung kommen. Bei einer unrechtmäßigen Kündigung bieten zum Beispiel viele Unternehmen eine außergerichtliche Einigung, die eine Abfindung enthält, um den eigentlichen Gerichtsprozess zu vermeiden. Ebenso können Tarifverträge oder betriebliche Vereinbarungen eine Abfindung für den Arbeitnehmer vorsehen. Einen allgemeinen rechtlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es aber nicht.
In schweren Zeiten kann der Chef einfach das Gehalt kürzen
Nein, kann er nicht, jedenfalls nicht so einfach. Um ohne das Einverständnis das Gehalt oder den Lohn von Arbeitnehmern kürzen zu können, müssen gesetzlich genau festgelegte Bestimmungen erfüllt sein. Diese sind sehr hoch angesetzt, sodass kein Unternehmen leichtfertig die Kürzung der Lohnkosten in Betracht ziehen wird. Eine Möglichkeit diese Bestimmungen zu umgehen sind die sogenannten Änderungskündigungen. Das heißt, der Arbeitgeber entlässt seine Mitarbeiter und bietet gleichzeitig einen neuen Vertrag mit schlechteren Konditionen an. Selbstverständlich muss der Arbeitnehmer auf solch einen Änderungskündigung nicht eingehen und kann unter Umständen versuchen, seine Interessen vor dem Arbeitsgericht klären zu lassen.
Die Anordnung einer Kurzarbeit muss der Arbeitnehmer hingegen leider hinnehmen, da diese auch ohne das Einverständnis der Angestellten rechtens ist. Zudem kann der Arbeitgeber freiwillige Leistungen, wie zum Beispiel das Weihnachtsgeld, kürzen oder auch komplett streichen. Vertraglich vereinbarte Bonuszahlungen und Provisionen sind hiervon allerdings nicht betroffen, sondern müssen auch in schwierigen Situationen weiter bezahlt werden.
Erst drei Abmahnungen und dann die Kündigung?
Auch die Annahme, dass ein Unternehmen zuerst drei Mal abmahnen muss, bevor es die Kündigung ausspricht ist ein verbreiteter, wie auch gefährlicher Irrtum. Der Arbeitgeber muss seinen Angestellten durch eine Ermahnung auf ein eventuelles Fehlverhalten detailliert hinweisen und ihm auch eine gewisse Zeit geben sein Verhalten zu ändern. Tut der Arbeitnehmer dies jedoch nicht oder nur unzureichend ist der Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt. Ebenso ist in schweren Fällen, wie bei Diebstahl oder bei sexueller Belästigung eine fristlose Kündigung ohne Ermahnung möglich.
Jeder Arbeitgeber muss mindestens den Tariflohn der Branche bezahlen
Nein, auch hier herrscht ein verbreiteter Irrglaube. Wenn der Arbeitnehmer einer Gewerkschaft angehört, die für bestimmte Branchen Tariflöhne ausgehandelt hat, so bindet dies nicht automatisch auch jedes Unternehmen an diese Vereinbarung. Nur Arbeitgeber, die selbst auch dem entsprechenden Arbeitgeberverband angehören, der an den Tarifverhandlungen beteiligt war, sind an entsprechende Tarifverträge gebunden. Ist eine der beiden Vertragsparteien nicht tariflich gebunden, so ist ausschließlich der Arbeitsvertrag maßgebend. Einen generellen, rechtlichen Anspruch auf den Tariflohn gibt es also nicht.
Urlaubstage sammeln und dann ausbezahlen lassen?
Arbeitnehmer, die ihre Urlaubstage über einen längeren Zeitraum sammeln und sich dann später auszahlen lassen möchten, gehen ein nicht geringes Risiko ein. Obwohl viele Arbeitgeber diesem Spielchen zustimmen und nicht selten vielleicht noch froh darum sind, gibt es keine rechtliche Grundlage dafür. Das Gesetz sieht vor, dass die Urlaubstage innerhalb eines Jahres verbraucht werden. Alles andere sind betriebliche Vereinbarungen, die vor dem Arbeitsgericht für den Arbeitnehmer mit großer Wahrscheinlichkeit nicht Stand halten werden. Denn der Arbeitgeber ist für eine Auszahlung der Urlaubstage nur dann verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer kündigt oder gekündigt wird und die Zeit während der Kündigungsfrist nicht mehr ausreicht, um den Resturlaub desselben Jahres abzufeiern. Urlaubstage aus vergangenen Jahren zählen hierzu nicht.
Eine gute Nachricht gibt es bezüglich der Urlaubstage aber dennoch. Tritt nämlich während des Urlaubs eine Erkrankung auf, darf diese nicht zu Lasten der Urlaubstage des Arbeitnehmers gelegt werden. Das heißt, bei einer ärztlichen Krankmeldung während des Urlaubes, werden die krankgeschriebenen Urlaubstage ersetzt.
Mein Chef darf meine privaten E-Mails nicht lesen
Die Frage nach den privat geschriebenen E-Mails ist ein immer wiederkehrender Streitpunkt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Mittlerweile erlauben viele Unternehmen das private Versenden und auch Surfen im Internet, solange dies nicht die Arbeitsleistung beeinträchtigt. In solchen Fällen ist es dem Arbeitgeber auch nicht erlaubt, die E-Mail-Accounts der Angestellten zu kontrollieren. Ist die private Nutzung von E-Mails und Internet allerdings ausdrücklich verboten, so darf der Arbeitgeber in Verdachtsfällen auch den Schriftverkehr seiner Angestellten überprüfen. Stellt sich dann heraus, dass ein Mitarbeiter regen, privaten E-Mail Verkehr betreibt, ist dies ein Grund für eine Abmahnung oder Kündigung.
© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten