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Spekulation:

Shorten für den Profit – Leerverkäufe in der Kritik

Leerverkäufe stehen im Verdacht, erheblich zu den Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten beigetragen zu haben. Deshalb sind sie in Deutschland seit einiger Zeit nur noch eingeschränkt möglich.

Leerverkäufe sind in Deutschland verboten.

Leerverkäufe (shortselling) sind hochspekulative Transaktionen an der Börse. Bild: © fotolia.de

Leerverkäufe – im Bankjargon auch als Blankoverkauf, unter aktiven Börsianern schlicht als „Shortselling“ bezeichnet – sind Transaktionen, bei denen ein Marktteilnehmer Aktien verkauft, die er gar nicht besitzt. Er leiht sie sich vielmehr und zahlt dafür eine Leihgebühr.

Die Motivation bei solchen Geschäften ist oft spekulativer Natur. Verkauft ein Leerverkäufer z.B. eine Aktie zu 100 Euro, obwohl er sie gar nicht besitzt, hofft er darauf, dass die Aktien fällt. Geschieht dies und sinkt der Kurs auf 80 Euro, kauft er die Aktien zurück und macht einen Gewinn in Höhe von 20 Euro.

Wieso sind Leerverkäufe gefährlich?

Die Gefahr von Blankoverkäufen für die Aktienmärkte liegt darin, dass durch große Verkaufsorders starker Druck auf die Kurse ausgeübt wird. Die Kurse an der Börse fallen ohnehin immer sehr viel schneller als sie steigen, weil Marktteilnehmer aus Angst vor Verlusten sehr viel nervöser reagieren.

Durch Leerverkäufe kann ein schon bestehender Abwärtsdruck verstärkt werden. Es ist sogar möglich, einen Crash regelrecht hervorzurufen: Tätigen große Marktteilnehmer (z.B. Hedgefonds) Leerverkäufe in großem Stil, können kurzfristige Kursverluste automatische Verkaufsorders auslösen, die andere Marktteilnehmer aus Sicherheitsgründen festgelegt haben.

Während der Finanzkrise gaben die Aktienmärkte mehrere Male binnen kürzester Zeit sehr stark nach, so dass von einem erheblichen Einfluss der Leerverkäufer ausgegangen werden musste. Ein weiteres Indiz für den Einfluss der Blankoverkäufer waren deutliche Kursanstiege, die auf starke Verluste folgten. Dies wird von Experten mit der Wiedereindeckung durch Leerverkäufer erklärt, die ihren Gewinn sichern.

Wer macht eigentlich Leerverkäufe?

Auch Privatanleger in Deutschland können Leerverkäufe tätigen. Dazu ist keine besondere Befugnis erforderlich. Online-Broker verlangen lediglich die so genannte Finanztermingeschäftsfähigkeit. Dabei handelt es sich letztlich um nichts anderes als die schriftliche Bestätigung eines Anlegers über die Kenntnis bestimmter Risiken. Dazu muss noch eine gesonderte Vereinbarung zu Leerverkäufen vorliegen, die ebenfalls für jeden erhältlich ist.

Onlinebroker verlangen bei Leerverkäufen von Privatkunden vergleichsweise hohe Sicherheiten. Wer eine im Deutschen Aktienindex gelistete Aktie „shorten“ will, muss rund 40 Prozent des Marktwertes als Sicherheit in Form von Liquidität auf seinem Konto bereitstellen.

Der Verkauf geliehener Aktien erfolgt in Deutschland über das elektronische Handelssystem Xetra sowie über die Parkettbörsen. Leerverkäufe sind bei den meisten im Prime-Standard der Deutschen Börse notierten Werten möglich. Für den Verkauf wird keine normale Verkaufsorder erteilt, sondern eine Leerverkaufsorder. Beim Wiederankauf der Aktien erteilen Anleger ihrem Broker eine Eindeckungsorder. Dies hat unter anderem steuerrechtliche Gründe.

Die vergleichsweise strengen Vorgaben für Privatanleger gelten – insbesondere im Hinblick auf die zu hinterlegenden Sicherheiten– nicht für institutionelle Investoren. Hedgefonds können sich Aktien aus dem Bestand von Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften leihen und müssen dafür weitaus weniger Eigenkapital vorhalten. Für Banken sind Leerverkäufe ein gutes Geschäft: Sie erhalten Leihgebühren und tragen unter normalen Marktbedingungen kein Risiko.

Auch unbedarfte Privatanleger können auf diesem Wege ohne ihr Wissen mit Leerverkäufen in Kontakt geraten. Fondsgesellschaften leihen Hedgefonds und anderen Marktteilnehmern Aktien aus ihren Beständen und erhalten dafür Gebühren.

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