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Regionalwährungen – die Bürgerwehr gegen Globalisierung

Mit dem Regiogeld kann man Einkaufen Regionalwährungen bekommen gerade angesichts der aktuellen Krisensituation der globalisierten Wirtschaft wieder verstärkt Aufmerksamkeit – doch was haben Regionalwährungen und Globalisierung eigentlich miteinander zu tun?

Globalisierung ist ein Thema, das mit vielen Emotionen verbunden ist. Auf der Ebene der Konzerne weckt es positive Gefühle, da sie Chancen auf höhere Gewinne bietet. In der Politik findet man sie dann gut, wenn ausländische Unternehmen Kapital ins eigene Land bringen oder die Exporte brummen.

Gleiches gilt für die Bürger, was nicht weiter verwundert, da ja diese den Politikern ihre Stimmen geben oder auch nicht. In Deutschland ist das Verhältnis zur Globalisierung gespalten: Einerseits profitieren wir davon, da unser Land Exportweltmeister ist, andererseits wandern große Unternehmen ins Ausland ab, weil die Lohnbedingungen dort für sie günstiger sind. Berühmtes Beispiel ist die Schließung der Nokia-Werke.

Maßnahmen der „großen“ Politik zur Stärkung des Binnenmarktes sind oft so von Lobbyisten und Parteiinteressen beeinflusst, dass sie nur wenigen zu noch größeren Gewinnen verhelfen, aber für die Masse der Bürger und mittelständischen Unternehmer keinen Nutzen bringen. Doch was kann der Ottonormalverbraucher dagegen tun?

Eine Möglichkeit, die sich in den vergangenen Jahren immer weiter verbreitet, ist die Schaffung einer sogenannten Regionalwährung. Ein Träger, beispielsweise ein Verein, gibt dabei eine ‚eigene’ Währung an Privatpersonen ab, die damit bei Unternehmen Güter und Dienstleistungen kaufen können. Dies geht allerdings nur bei jenen Unternehmen, die sich an das Regionalwährungssystem anschließen.

Umlaufsicherung bei Regionalwährungen

Der Geldumlauf sorgt für den Konsum Ein wichtiges Merkmal von Regionalwährungen ist die sogenannte Umlaufsicherung. Das Regionalgeld ist mit einem negativen Zins belastet, verliert also über die Zeit an Wert. In der Praxis sieht das so aus, dass man sich in regelmäßigen Abständen (z. B. monatlich oder halbjährlich) in einer Ausgabestelle Wertmarken für sein Bargeld kaufen muss, die einen bestimmten Prozentsatz des Nennwertes betragen.

Der Wert des Geldes ist außerdem an eine offizielle Währung wie den Euro gebunden. Man bekommt also für 20 Euro 20 Einheiten der Regionalwährung. Nach einem Monat muss man sich beispielsweise für fünf Prozent eine Wertmarke kaufen, also für einen Euro. Dadurch besteht ein verstärkter Anreiz, das Geld vor der Frist auszugeben. Dies soll bewirken, dass der Geldumlauf  stabil gehalten wird und sich somit der regionale Konsum ebenfalls stabilisiert.

Möchte man das Regionalgeld wieder in Euro umtauschen, wird ebenfalls eine Gebühr fällig, z. B. 5 Prozent. Dadurch wird gewährleistet, dass bei ordnungsgemäßem Umgang mit dem Vereinskapital stets die Regionalwährung gedeckt ist.

Welchen Vorteil bieten Regionalwährungen?

Der Erfolg einer Regionalwährung hängt entscheidend davon ab, wie sie von den Wirtschaftsteilnehmern akzeptiert wird. Akzeptiert wird sie aber nur, wenn klare Vorteile erkennbar sind. Doch wer hat welche Vorteile?

Für die Unternehmen ist der Vorteil, dass die Verbraucher dazu animiert werden, Konsumgüter oder Dienstleistungen von Anbietern innerhalb der Region zu beziehen. Das erhöht die Chance, Umsätze und Gewinne zu steigern. Die Unternehmen können auch untereinander Zahlungen in der Regionalwährung durchführen, somit werden auch die Geschäftsbeziehungen innerhalb der Region gestärkt.

Der Einkauf mit der Regionalwährung Auf der Verbraucherseite ist der Nutzen nicht so leicht zu finden. Man muss zwei Währungen mit sich tragen, da nicht alle Geschäfte die Regionalwährung akzeptieren. Und man kann vielleicht auch nicht alle gewünschten Güter aus der Region beziehen. Man muss außerdem auf das „Verfallsdatum“ des Geldes achten, damit die Kosten der Geldhaltung nicht größer sind als diejenigen für die Staatswährung.

Allerdings ist die Stärkung der Region für viele ein gewichtiges Argument, um die negativen Aspekte aufzuwiegen. Die Tendenz, dass der Supermarkt am Ortsrand den kleinen Laden um die Ecke verdrängt, ist vielen Bürgern ein Dorn im Auge. Konnte man früher schell zu Fuß zum Einkaufen gehen, muss man heute mit Fahrrad oder Auto lange Wege in Kauf nehmen.

Wer kein Auto hat oder sich aus Altersgründen auf dem Fahrrad nicht mehr sicher fühlt, hat da ein Problem. Solange also nicht Aldi und Co. die Regionalwährung akzeptieren, besteht für die kleinen Geschäfte die Chance, durch das Regionalwährungssystem ihre Existenz zu sichern. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch das „wir“-Gefühl – eine ganze Gemeinde zieht an einem Strang, stemmt Probleme, ohne dabei der Staatsbürokratie ausgeliefert zu sein. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Gewinne aus der Regionalgeldausgabe in gemeinnützige, regionale Projekte fließt, insbesondere in Vereine.

Erfolgsgarantien gibt es keine

Auch wenn für die Teilnehmer an einem Regionalgeldprojekt durchaus Vorteile existieren, hängt der Erfolg entscheidend von gewissen äußeren Umständen ab. Ziel einer Regionalwährung ist es schließlich, einen geschlossenen, regionalen Wirtschaftskreislauf zu errichten. Dazu muss es aber eine ausreichende Vielfalt in der entsprechenden Region geben. Innerhalb der Region muss des möglich sein, sich größtenteils selbst zu versorgen. Die besten Chancen haben daher Regionalwährungen, die in einem ländlichen Gebiet aufgebaut werden.

Die Liste der Regionalwährungen in Deutschland ist in den vergangenen drei Jahren deutlich länger geworden. Auf der Webseite des Dachverbandes www.regiogeld.de ist zu lesen, dass bereits 30 Projekte aktiv sind, weitere 36 in Vorbereitung. Im Gespräch mit einigen Vereinen wie beispielsweise dem „Pälzer“ war auch eine interessante Tendenz zu erkennen: in den vergangenen sechs Monaten hat die Nachfrage deutlich zugenommen. Fragt man die Interessenten, warum, so gibt es immer dieselbe Antwort: die Wirtschaftskrise.

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