Deutsche Anleger zeigen sich spendabel und schenken Banken jedes Jahr Milliarden-Beträge, indem Geld auf niedrig oder gar nicht verzinsten Girokonten und Sparbüchern statt in Tagesgeld und Festgeld angelegt wird.
Der Finanzexperte Udo Keßler aus Düsseldorf und die unabhängige Frankfurter FMH Finanzberatung haben auf der Grundlage von Bundesbank-Daten eine Untersuchung erstellt. Die Bundesbürger halten demnach Guthaben im Umfang von 200 Mrd. Euro auf Girokonten vor. Der durchschnittliche Zinssatz beträgt der Untersuchung zufolge 0,1 Prozent.
Weitere 100 Mrd. Euro sind auf Sparbüchern angelegt. Der durchschnittliche Zinssatz hier: 0,59 Prozent im Jahr. Guthaben auf Sparbüchern sind nicht jederzeit, sondern nur mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist verfügbar.
6 Mrd. Euro pro Jahr werden verschenkt
Die Rechnung ist einfach: Die 200 Mrd. Euro auf deutschen Girokonten bringen ihren Besitzern 200 Millionen Euro Zinsen im Jahr. Die 100 Mrd. Euro auf Sparbüchern werfen 590 Millionen Euro jährlich ab. In der Summe erhalten deutsche Sparer für 300 Mrd. Euro Guthaben also 790 Millionen Euro.
Wird unterstellt, dass 300 Mrd. Euro zum höchsten Zinssatz für täglich fällige Einlagen am Markt (derzeit 2,3 Prozent im Jahr) angelegt werden, könnten sich Sparer über 6,9 Mrd. Euro Zinsen im Jahr sparen. Gegenüber der derzeitigen Situation bedeutet das einen Zuwachs von rund 6,1 Mrd. Euro.
Die Rechnung kann natürlich nicht eins zu eins in die Realität übertragen werden, weil die Banken bei einer plötzlichen Umschichtung der Gelder durch Bankkunden nämlich die Zinsen für Tagesgeld senken würden.
Im Gegenzug wird allerdings auch nicht berücksichtigt, dass die entgangenen Zinseinnahmen bei einem insgesamt höheren Zinsniveau deutlich größer wären. Die Verzinsung auf Girokonten und Sparbüchern steigt wenig bis gar nicht, wenn die Zinsen am Geldmarkt steigen.
Banken freuen sich über Mega-Margen
Zu den wichtigsten Gründen für das unkluge Anlageverhalten zählt neben mangelndem Interesse sicherlich auch Bequemlichkeit. Für Banken sind die unverzinsten Anlagen ein gutes Geschäft. Sie leihen sich Geld von ihren Kunden zu praktisch null Zinsen – selbst Kredite von der Zentralbank sind teurer.
Mit dem kostenlosen Geld können die Institute hohe Gewinne einfahren. Am schnellsten geht das, indem sie das Guthaben eines Kontoinhabers an einen anderen verleihen, der sein Girokonto überzieht.
Denn dieser muss im Schnitt fast 12 Prozent Zinsen an die Bank zahlen – im Fall einer geduldeten Überziehung über den genehmigten Dispokredit hinaus sogar fast 16 Prozent!
Bankkunden sollten sich also gut überlegen, ob sie ihrer Hausbank diesen Gefallen auch weiterhin tun möchten. Die Umschichtung des Geldes auf ein gutes Tagesgeldkonto mit immerhin rund 2 Prozent Zinsen macht nicht viel Aufwand.
Inflation sollte Motivation genug sein
Sparer sollten in diesem Zusammenhang auch berücksichtigen, dass die Inflationsrate wieder ansteigt und in den kommenden Jahren dauerhaft auf hohem Niveau verharren könnte. Bei 3 Prozent Inflation im Jahr verliert gespartes Geld binnen 5 Jahren 14 Prozent seiner Kaufkraft. Bei 15 Prozent Inflation im Jahr sind es sogar 22 Prozent.
In steuerlicher Hinsicht verursachen Zinserträge von Tages- und Festgeldkonten keinen zusätzlichen Aufwand, weil die Zinsgutschriften direkt auf Bankebene mit einem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent abgegolten werden. Der Freibetrag beläuft sich dabei auf 801 Euro im Jahr für Alleinstehende.
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