Selbstanzeigen haben gerade Hochkonjunktur. Über 9.000 Steuersünder meldeten sich allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mit schlechtem Gewissen beim Finanzamt ihres Vertrauens, um einzugestehen, dass sie hier und da die Früchte ihrer Arbeit nicht ganz korrekt beim staatlichen Zastereintreiber angezeigt haben. Was zur Folge hat, dass Vater Staat hier möglicherweise der eine oder andere dringend benötigte Euro durch die Lappen gegangen ist.
Möglicher Auslöser für die doch so populär gewordene Selbstanzeige könnte Bayer-Ikone Uli Hoeneß gewesen sein. Sie wissen schon, jener Fußballkenner, der ein paar Taler in der benachbarten Schweiz geparkt hat und ganz vergessen hatte, dies gegenüber den Finanzbehörden zu erwähnen. Als dies bekannt wurde, avancierte der Teil der Republik, der nicht zufällig frenetischer Bayer München Anhänger oder selber potentieller Selbstanzeiger ist, zum verbalen Hobby-Scharfrichter und forderte kollektiv diesen Wurstfabrikanten zu Wurst zu verarbeiten.
Steuerscheinheilige
Nun steht schon in der Heiligen Schrift sinngemäß so etwas wie: „Nur wer frei von Schuld ist, sollte den ersten Steuerbescheid werfen.“ Die meisten von uns sind natürlich völlig frei von Schuld und doch Opfer der schier unerschöpflichen Steuereinzugsgier von Vater Staat. Gut, da gibt es bei dem einen oder anderen die Putzhilfe, die 14-tägig für drei Stunden vorbeikommt und ihr bescheidenes Salär bar auf die Kralle ausgezahlt bekommt. Aber dies ist natürlich ebenso wenig Steuerbetrug wie der Maler, der dem Wohnzimmer ganz ohne Rechnung einen neuen Anstrich verliehen hat.
Dies ist vielmehr eine private Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die dazu dient, in den Bereichen, wo der Staat versagt, für einen gewissen Grad der Beschäftigung zu sorgen. Dass dabei ein paar Steuer- und Sozialversicherungseuros auf der Strecke bleiben, ist der Preis, den ein Land bereit sein muss, für sein eigenes Versagen zu zahlen.
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Ehrenamt ist steuerfrei
Mir persönlich ist all dies natürlich völlig fremd. Sieht man einmal von der Tatsache ab, dass ich regelmäßig ohne Steuerkarte arbeite. Zum Beispiel im Garten meiner Mutter, wo ich den Rasenmäher hin und her schiebe. Oder neulich habe ich mal wieder einem Umzugsunternehmen das Geschäft versaut, als ich einem Kumpel geholfen habe, seine Klamotten von seiner alten Wohnung in sein neues Domizil zu transportieren.
In Zeiten der Selbstanzeigenkonjunktur frage ich mich natürlich, ob ich dadurch dazu beitrage, die drohende Zahlungsunfähigkeit unseres Staates zu beschleunigen oder ob meine Hilfsaktionen eher unter die Rubrik Ehrenamt passen? Und wie ist das, wenn auch noch Geld fließt, wie neulich, als ich für meinen greisen Nachbarn ein paar Einkäufe erledig habe und er mir das übrig gebliebene Wechselgeld in Höhe von 13 Cent ganz ohne Spendenquittung einfach so überlassen hat. Bin ich nun auch ein Mini-Hoeneß? Oder doch nur wie alle anderen ein armes, kleines Sünderlein?
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