Die Doktorwürde ist eine hohe Ehre, die für den, der sie anstrebt, mit zahlreichen Anstrengungen, Hindernissen und Entbehrungen verbunden ist. Denn der Doktortitel soll nicht nur davon Zeugnis ablegen, dass man die Grundlagen wissenschaftlicher Kommunikation trittsicher beherrscht, sondern auch nachweisen, dass man einen eigenen und bis dahin noch nie gedachten Gedanken sowohl selbst entwickeln als auch selbst aufarbeiten kann. Normalerweise ist es zur ehrlich abgeschlossenen Promotion ein steiniger und mühsamer Weg, der einige harte Jahre dauert. Es sei denn, man nimmt eine illegale und in jeder Hinsicht verwerfliche Abkürzung über die Stationen Plagiat und Textklau. Doch die gebratene Taube, die sich der faule Schwindler da ganz diskret ins akademische Maul fliegen lässt, kann zu erheblichen Blähungen führen, wenn der Betrug ruchbar wird.
Was ist so schwer daran, auf ehrliche Weise zum Doktortitel zu kommen?
Wer promovieren will, braucht zunächst eine mentale und kognitive Initialzündung. Sozusagen einen ersten und bislang einzigartigen Gedanken, der es aus wissenschaftlicher Sicht wert ist, weiter verfolgt und analysiert zu werden. Denn mit einer Dissertationsschrift soll grundsätzlich Neuland betreten werden. Hat man eine gute Idee gefunden, muss man sich um eine Universität bemühen, die das Promotionsverfahren leiten will, und natürlich auch um Gutachter, die die Dissertation betreuen mögen. Wenn dann alle technischen Hürden genommen sind, heißt es: Intensiv recherchieren, gewissenhaft forschen, gründlich und viel lesen, und gemäß den sehr dezidierten Anforderungen an eine Inauguraldissertation sorgfältig niederschreiben.
Üblicherweise haben die Gutachter an dem ersten Entwurf der Dissertation, der mit Blut, Schweiß und Tränen geschrieben wurde, noch einiges auszusetzen, was dann im Nachgang korrigiert werden muss. Bis die Dissertation dann endlich eingereicht und das Promotionsverfahren eröffnet werden kann, hat der Doktorand oft einige Jahre seines Lebens dieser Form der wissenschaftlichen Initiation geschenkt. Ganz zu schweigen davon, dass ja in dieser Zeit ohne Freizeit auch der Lebensunterhalt von regelmäßigen Einkünften bestritten werden muss. In Anbetracht dieses „Horrorszenarios“ kann man schon auf den kriminellen Gedanken kommen, sich mit fremden Federn zu schmücken.
Doch diesen Gedanken sollte man rasch wieder verwerfen. Denn zum einen ist es ganz und gar nicht erlaubt, anderer Leute geistiges Eigentum frech zu stehlen. Und zum anderen ist es ja gerade der tiefere Sinn einer Doktorarbeit, sich in jeder Form der Ehre als würdig und der geistigen Anforderung als gewachsen zu erweisen. Darum muss sich jeder, der in diesem Zusammenhang fremdes Gedankengut entwendet, und sich mit externen Fremdleistungen von der eigenen Aufgabe loskauft, den Vorwurf einer kriminellen Handlung gefallen lassen. Da spielt es auch gar keine Rolle, welche Farbe das Blut hat, das durch die Adern des Diebes fließt.
So nicht! Herr Doktor!
Einen Doktortitel kann man sich mit dreistem Gedankenklau und dem abgebrühten Einsatz von Plagiaten kaltschnäuzig ergaunern. Das ist allerdings in den Zeiten des Web 2.0 die allerdümmste Idee, auf die man kommen kann. Denn wer dabei ertappt wird, sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ohne entsprechende Zitatkennzeichnung oder ohne Autorennachweis zu bedienen, hat ganz schnell ein Aufdeckungs-Wiki an den Hacken, das keine Gnade kennt und jedes geklaute Semikolon nachweisfähig aufspürt. Und wenn man dann als Beschuldigter zusätzlich in Erklärungsnöte gerät, weil man das ganze geistige Diebesgut noch nicht mal selbst- und eigenständig zusammengenagelt hat, dann sollte man doch wenigstens Manns genug sein, um den erschlichenen Titel freiwillig wieder an der Garderobe abzugeben.
So sieht es jedenfalls ganz bestimmt jeder, der für seinen sauer verdienten Doktortitel hart, ehrlich und lange gearbeitet hat. In diesem Sinne: „Impetus iste tuus longum modo duret in aevum“.
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