Jeder will wissen, was andere tun. Dies natürlich bei voller Geheimhaltung der eigenen Daten.
Waren es noch vor wenigen Jahren Prominente, über die man alles zu wissen glaubte, so sind wir es heute selbst, deren Verhalten nicht nur wie ein offenes Buch einsehbar ist, sondern auch noch ziemlich genau vorhersagbar.
Nichts wird dem Zufall überlassen
Nicht nur Google und Facebook wissen, was Sie oder ich heute voraussichtlich zu Abend essen werden. Mit wem wir uns treffen wollen, wann wir wohin in Urlaub fahren werden. Ob sie lieber rote oder weiße Autos mögen und so weiter ….
Das ist jedoch noch längst nicht alles. Ehe Sie es selbst wissen, werden z. B. Kreditkartenfirmen, Supermärkte, Bonuskarten- oder Gutscheinanbieter vorhersagen können, wer sich demnächst scheiden lässt, heiratet oder sogar Nachwuchs bekommen wird, wie dieses Beispiel zeigt.
Kaufverhalten und Straftaten sind vorhersehbar
Ein älterer Mann, der den Filialleiter einer großen Supermarktkette sprechen wollte, war mehr als verärgert. Er knallte einen Stapel von Coupons auf den Ladentisch. „Meine Tochter hatte das im Briefkasten. Coupons für Babykleidung und Kinderbetten. Sie geht noch zur Schule!“ Der Filialleiter war erst einmal ratlos. Er entschuldigte sich. Ein paar Tage später rief er den verärgerten Kunden nochmals an, um sich erneut für den Fehler zu entschuldigen. Dieses mal war der Kunde etwas kleinlaut. Seine Tochter hatte ihm gestanden, dass sie schwanger war. Was war passiert? Die Supermarktkette hatte einen neuen Mitarbeiter, der das Kaufverhalten von Frauen genau analysierte. Die Daten sammelte, nach Fragestellungen sortierte und mit dem Kaufverhalten schwangerer Frauen abglich. So konnte er bald aus dem Kaufverhalten junger Frauen herauslesen, dass diese mit ziemlicher Sicherheit schwanger sein mussten.
Es gibt auch andere Beispiele, die allerdings beruhigend wirken, obwohl sie zunächst eher Ängste auslösen:
„Am Sonntag wird bei Ihnen eingebrochen“.
Wer vorhersagen kann, wo sich Menschen aufhalten, der kann auch vorhersagen, was sie voraussichtlich an diesem Ort tun werden. Wenn also ein polizeilich bekannter Krimineller mehrmals um eine teure Villa schleicht, kann die Polizei davon ausgehen, dass er etwas im Schilde führt. Doch woher weiß die Polizei, wo der Mann sich aufhält?
In Memphis bat man Richard Janikowski, Professor für Kriminologie, der sich schon längere Zeit mit der Erforschung von kriminellen Mustern beschäftigt hatte, um Hilfe.
Die Polizei stellte ihm die Kriminaldaten des Archivs zur Verfügung. Daraus entwickelten die Wissenschaftler der Uni Memphis einen analytischen Rahmen.
Das Projekt heißt „Blue Crush“. Es ist so erfolgreich, dass es inzwischen auch britische Städte übernommen haben. Auch Facebook verwendet Algorithmen, um kriminelle Aktivitäten und Fällen von sexueller Belästigung und Kindesmissbrauch nachzugehen. Was Facebook sonst noch alles kontrolliert, bleibt bislang im Dunkeln.
„Predictive Policing“ hat allerdings nicht nur eine positive Seite
Wenn Staat und Wirtschaft derart in unsere Privatsphäre hineinschauen und uns dann entsprechend beeinflussen können, ist Artikel 1 des Grundgesetzes eigentlich heute schon obsolet.
Die Auswertungen von Big Data sind längst über das Stadium von „schwachen“ Vorhersagen, wie wir sie von Amazon kennen, hinausgewachsen.
Neue Algorithmen machen immer exaktere vorhersagen möglich. Bald wird nicht mehr damit geworben werden, dass Kunden, die dies oder jenes Produkt gekauft haben ….
Im Gegenteil: Man wird Ihnen genau sagen, was Sie als nächstes tun und warum Sie dann genau dieses Produkt dafür benötigen werden. Wenn Sie plötzlich Werbung für Kondome oder Antibabypillen auf Ihrem Smartphone erhalten, könnte es sein, dass jemand ihr Sexualleben bereits voll unter Beobachtung hat. Das glauben Sie nicht? Abwarten!
Die Möglichkeiten sind gigantisch. Die möglichen Folgen auch.
In weiten Teilen der Welt toben Kriege, werden Menschen noch immer massiv unterdrückt. Big Data wird auch für Diktatoren und Kriminelle völlig neue Möglichkeiten eröffnen. Doch daran wollen die Big-Data-Analysten nicht gerne erinnert werden.
Die Datensammelwut geht weiter, ob uns das gefällt oder nicht.
Aktuelle Meldung: Google sammelt mehr Daten denn je zuvor.
Über die möglichen Folgen, die daraus entstehen werden, haben sich verantwortungsbewusste Wissenschaftler schon vor Jahren Gedanken gemacht und auch gewarnt. Doch die Verlockungen – nicht zu letzt für die Wirtschaft – sind einfach zu groß. Da ist die Rede von 20% Umsatzsteigerung bei Einsatz von Big Data. Bei derartig guten Prognosen verhallen kritische Stimmen wie Echorufe in der Wüste.
Wer sich den Aufwand der umfangreichen Datenanalyse nicht leisten kann, kann sich Daten auch online bei sogenannten Datenbörsen kaufen.
Das Portal „AnalyzeThe.US“ (Open Data) kann von jedem kostenlos zur Analyse öffentlich verfügbarer Daten genutzt werden.
Unter kann man sich unter Verwendung von Reuters Wirtschaftsdaten selbst als Datenanalyst betätigen.
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