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Kernenergie:

Soll Deutschland weiter auf Atomkraft setzen?

Ein Oxford-Physiker hält Kernenergie für weniger gefährlich als ihr Ruf und empfiehlt Deutschland nicht aus der Atomkraft auszusteigen.

Prof. Wade Allison hält an der Kernenergie festDie atomare Katastrophe im japanischen Fukushima hat nicht nur Wellen der Entrüstung gegen die Atomkraft nach sich gezogen, sondern auch solche Menschen, die sich sonst für die Nuklearenergie aussprachen, verunsichert. Wie der Physiker Wade Allison von der Oxford Universität jedoch meint, vollkommen zu Unrecht: Die Atomkraft sei nämlich entgegen vieler Bedenken weniger gefährlich als ihr Ruf und die Risiken gnadenlos überschätzt. Doch was ist dran, an dieser Behauptung?

Professor spricht sich für Nuklearenergie aus

Der Physikprofessor Wade Allison hat im Magazin Focus einen Gastbeitrag veröffentlicht, in dem er Deutschland rät, nicht aus der Atomkraft auszusteigen.  Als Einleitung nutzt er den auch nach einem Jahr noch aktuellen Zwischenfall in Fukushima. Als der Tsunami die japanische Region überflutete, mussten etwa 500.000 Menschen in einem Zeitraum von weniger als einer Stunde evakuiert werden. Bis auf 18.800 Menschen, konnten die Bürger in Sicherheit gebracht werden. Professor Allison sieht dies als herausragende Leistung, die nur möglich war, weil die Japaner wussten, wie sie mit der Situation umzugehen hatten.

Das Strahlungsunglück war eine neue Situation

Bei dem Zwischenfall im Atomkraftwerk wussten die Japaner hingegen nicht, wie sie reagieren sollten und die Behörden hofften einfach darauf, dass keine Strahlung austritt. Entgegen der Hoffnung wurden bei der Katastrophe aber mehrere Reaktoren zerstört und der größte anzunehmende Unfall war eingetreten. Trotz aller Befürchtungen wurde durch die Strahlung aber niemand getötet und für die nächsten 50 Jahre sind keine tödlichen Spätfolgen zu erwarten. Grund zu dieser Annahme geben Betrachtungen vergangener Katastrophen, wie die US-amerikanischen Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki oder auch das Reaktorunglück in Tschernobyl. Mit der Erfahrung solcher Unglücke und moderner Biologie ließen sich die Gefahren der Strahlung durchaus minimieren. In anderen Worten vertritt Professor Allison also die Meinung, dass die Radioaktivität umso ungefährlicher wird, desto besser wir sie kennen und mit ihr umzugehen wissen.

Atomwaffen ließen die Menschen überängstlich werden

Die Angst vor der Kernenergie. Ein Atomkraftwerk aus der Ferne.Der Professor räumt ein, dass Radioaktivität selbstverständlich einen sehr schädlichen Effekt vor allem auf die Erbinformationen des Menschen nimmt. Doch je weiter die Strahlenforschung voranschreitet, desto bessere Schutzmaßnahmen und Behandlungsmethoden können entwickelt werden. Eine übermäßige Vorsicht gegen Atomkraft herrsche schließlich nicht zuletzt wegen der zerstörerischen Kraft der Atomwaffen. Während des Kalten Krieges war die Strahlung internationales Druckmittel und verbreitete Angst und Schrecken auf der ganzen Welt. Die Auswirkungen dieser Angst seien noch heute an übertriebenen Vorsichtsmaßnahmen zu spüren. So wird beispielsweise auf Biegen und Brechen versucht, die radioaktive Strahlung unter den Werten der natürlichen Strahlung zu halten, beziehungsweise unter denen, der eigenen Radioaktivität des Körpers. Zu Unrecht, wie Professor Allison meint, denn selbst eine 1000-fach höhere Strahlung stelle keine Gefahr für das Leben dar – weder akut, noch in vielen Jahren als Spätfolge. Die genauen Zahlen seien zwar umstritten und die Reaktoren müssten auch zukünftig gut überwacht werden, eine Aufregung um die Lagerung von Atommüll sei zum Beispiel aber vollkommen übertrieben.

Soziale Schäden durch Angst seien bedrohlicher als die Strahlung selbst

Die unsichtbare Bedrohung von Fukushima habe in der Region um das Kraftwerk zu weitreichenden Folgen geführt. Insgesamt sei es in dem Katastrophengebiet zu 573 Todesfällen gekommen, von denen keiner durch die Folgen der Strahlung entstand. Neben einigen registrierten Selbstmorden, kam es hingegen vermehrt zu Depressionen, Alkoholismus und allgemeiner Verzweiflung, während das „Schreckgespenst Radioaktivität“ immer noch keine Opfer forderte. Ähnliches sei auch im globalen Ausmaß von Tschernobyl zu beobachten gewesen. Nach den Negativschlagzeilen des Reaktorunglücks wurden in Griechenland rund 2000 Kinder abgetrieben – aus Angst vor Folgeschäden durch die Strahlung.

Aufklärung, statt Abschalten der Reaktoren

Die Sicherheit von Nukleartechnik müsste ohne Zweifel gewährleisten werden, doch erreiche man diese  am ehesten durch Aufklärung und eine Interaktion mit der Gesellschaft. Öffentliches Unwissen sorge dabei lediglich für Instabilität und Gefahr, während die Aufklärung und Diskussion zum sicheren Umgang mit Nuklearenergie beitragen könnte. Für Professor Allison hat die Strahlung ganz klar keinen Platz auf der Liste der weltweiten Gefahren. Vielmehr rät er Deutschland dazu, an der Kernenergie festzuhalten und die entsprechende Politik mutig neuzugestalten.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.