Sie umgeben uns beinahe immer und beinahe überall: elektromagnetische Felder. Und sie entstehen überall dort, wo Strom fließt – um Wasserkocher oder Kaffeemaschine herum, neben elektrischen Leitungen, dort, wo Menschen mit ihren Handys und Smartphones telefonieren oder im Internet surfen … ja, sogar beim Knuddeln von Hund oder Katze. Dennis Siegel, Student an der Hochschule für Künste (HfK) Bremen hat ein Gerät entwickelt, um diese Energie zu sammeln und Akkus damit aufzuladen.
Wir sind total verstrahlt
Überall sieht man heutzutage Menschen mit ihren Handys telefonieren. Wenn vor Jahrzehnten jemand laut sprechend allein die Straße hinunter ging, konnte man davon ausgehen, dass etwas mit dem Geisteszustand der betreffenden Person nicht stimmte. Heute ist diese Schlussfolgerung meist nicht richtig, da bei genauem Hinsehen dünne Kabel aus den Ohren hängen. Auch diejenigen, die mit ihren Laptops und Netbooks allein im Café ihren Latte Macchiato schlürfen, kommunizieren in aller Regel mit ihren Mitmenschen, etwa via E-Mail oder Facebook.
Doch Strom ist praktisch überall. In den Wänden, um elektrische Geräte herum, am Fahrkarten-Stempelautomat der Bremer Straßenbahn AG. Und so ist auf der Homepage von Dennis Siegel ein Foto zu sehen, wie er sich über eine Mauer lehnt und ein kleines Kästchen ausstreckt in die Richtung einer mit dem Handy telefonierenden jungen Frau. Die Energie, die dabei abgegeben wird, sammelt er. Dieses kleine Kästchen, mit dem er das tut, hat er „Electromagnetic Harvester“ genannt, elektromagnetisches Erntegerät also.
Energie aus der Umgebungsluft sammeln
Dennis Siegel ist kein Ingenieur. Er studiert Digitale Medien an der HfK Bremen. „Ich bin aber durch Physical Computing mit elektrischen Schaltungen vertraut. Das meiste Hintergrundwissen zum Thema Energy Harvesting habe ich aus dem Internet“, wird er im Weser Report zitiert. Er hat also zwei verschiedene Prototypen des Erntegeräts gebaut – ein kleineres für niedrigere Frequenzen unter 100 Hertz und eines, das sich auch für höhere Frequenzen über 100 Hertz eignet, beispielsweise Rundfunk oder WLAN.
Die gesammelte Energie wird in einer normalen Batterie gespeichert. Wie Siegel das macht, demonstriert er in einem kleinen Video: Überall läuft er herum und hält den Harvester an Kaffeemaschinen, in Richtung Hochspannungsleitung, den Computer – oder an den Stempelautomaten in der Straßenbahn. Die Energieausbeute ist naturgemäß unterschiedlich, doch ein kleiner Akku lässt sich so innerhalb eines Tages aufladen. Dass der Harvester fleißig sammelt, sieht man an einer grün leuchtenden LED am Gerät. Und die leuchtet, besser flackert sogar, wenn ein Hund gekrault wird, wie in dem Video zu sehen ist.
Das „Phänomen“ elektromagnetische Strahlung sichtbar machen
Sicher, mit dem Electromagnetic Harvester lässt sich Energie sammeln und somit die Stromrechnung senken. Die Energie ist ja schon da, warum sie also ungenutzt verpuffen lassen? Was Dennis Siegel aber außerdem im Sinn hat, ist die Aufmerksamkeit auf die uns überall und ständig umgebende Strahlung zu lenken. Sie sichtbar zu machen. Der wenig greifbaren, weil unsichtbaren Strahlung, gibt er eine räumliche Dimension.
Für seine Semesterarbeit ist Dennis Siegel mit dem Hochschulpreis 2013 der HfK Bremen mit dem 2. Preis in der Kategorie Digitale Medien ausgezeichnet worden. Die Jury lobt unter anderem „den feinen Humor der Arbeit, den gedanklichen Kurzschluss, die Fähigkeit zum konzeptuellen Brückenschlag, die sensible einfache Gestaltung sowie die Zukunftsorientierung des Projektes“.
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