Aber nicht auf dem üblichen Weg, mit dem passenden Schlüssel, sondern mit Spanner, Diamant, Schlange und wie die verschiedenen Spezialwerkzeuge alle heißen. Natürlich zerstörungsfrei.
Lockpicking nennt sich diese Art der Schlossöffnung auf gut neudeutsch. Es gibt sogar offizielle Wettbewerbe in unterschiedlichen Disziplinen: Blitzöffnung, Handöffnung, Hangschlossöffnung und diverse andere. Der Reiz dabei ist der gleiche wie bei vielen anderen Sportarten, die wenig körperbetont sind, zum Beispiel Schach: Man spielt gegen die Zeit, man lässt sich auf einen Gegner ein (beim Lockpicking das jeweils zu knackende Schloss) und man muss ständig an sich arbeiten, um die eigenen Fähigkeiten zu vervollkommnen.
Was ist Lockpicking und wie funktioniert es?
Beim Lockpicking geht es darum, zunächst die Funktionsweise von Schlössern allgemein und vom zu knackenden Schloss im Speziellen zu verstehen. Bei den meisten Sicherheitsschlössern verhindern 5-6 kleine Stifte, die von Federn nach oben gedrückt werden, dass sich der Schließzylinder drehen lässt. Nur wenn die Stifte durch die Zacken des passenden Schlüssels in genau die richtige Position gebracht werden, lässt sich das Schloss öffnen.
Aber jedes Schloss weist gewisse Fertigungstoleranzen auf, und das machen sich die Lockpicker zunutze. Mit einem Spanner, einem einfachen Werkzeug, dass gern aus dem Draht alter Wischerblätter zurechtgebogen wird, drehen sie den Schließzylinder Bruchteile von Millimetern, halten ihn unter Spannung, während sie mit einem anderen Werkzeug, einem „Diamanten“ oder „Haken“ etwa, versuchen, die einzelnen Stifte „zu setzen“.
Die Unregelmäßigkeiten, die jedes Schloss aufweist, führen nämlich dazu, dass sich der Schließzylinder auch dann eine Winzigkeit weiterdrehen lässt, wenn sich nur ein Stift sich in der richtigen Position befindet. Nach und nach kann man so das Schloss öffnen indem man die Stifte mit dem Werkzeug ertastet und sie in der richtigen Reihenfolge „setzt“, dabei immer die ideale Spannung hält. Ist sie zu groß, lassen sich die Stifte nicht „setzen“, ist sie zu gering, springen sie wieder in die Ausgangslage zurück und man muss von vorn beginnen. Lockpicking ist also nichts für Ungeduldige. Man muss ständig üben, muss lernen, mit Hilfe der Werkzeuge als Verlängerung der Finger ins Schloss hineinzufühlen und sich die Abläufe im Schloss bildhaft vorstellen.
In der Regel ist so etwas den Menschen, die es sich zum Beruf gemacht haben, widergesetzlich in anderer Leute Wohnungen und Häuser einzudringen, viel zu kompliziert. Sie bevorzugen Grobmotoriker-Werkzeuge wie Brecheisen und Schraubendreher.
Die Sportsfreunde der Sperrtechnik legen denn auch großen Wert auf ehrbare Mitglieder. Ihre Sportordnung fordert als erste Pflicht von den Mitgliedern, das Sicherheitsbedürfnis Dritter zu wahren und Ehrbarkeit und Integrität zu demonstrieren sowie gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Ortes zu beachten. Es dürfen nur Schlösser geöffnet werden, die einem selbst gehören oder für die man die Erlaubnis des Besitzers hat. Ein Nichtbeachten führt zum sofortigen Ausschluss.
Falls es Sie jetzt auch in den Fingern juckt, sich mal an dem einen oder anderen Schloss zu probieren, klicken Sie doch einfach auf www.lockpicking.org, die Homepage des Sportvereins. Dort finden Sie neben dem Handbuch der Schlossöffnung auch Adressen und Termine, Bilder von Lockpicking-Treffen und können sogar ein „Pickset“ bestellen, ein kleines Set von Werkzeugen. Dann brauchen Sie nur noch ein passendes Schloss und sehr viel Zeit und Geduld. Aber für welches Hobby braucht man das nicht.
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Immer wenn ich im Fernsehen gesehen habe, wie jemand mit Haarklammer oder diversen ähnlichen Werkzeugen ein solches Schloss aufbekommt, habe ich es für puren Quatsch gehalten. Dass es jetzt sogar einen Sportverein gibt, in dem diese Techniken erlernt und vervollkommnet werden können, verblüfft mich schon. Kaum zu glauben, dass das tatsächlich möglich sein soll, bei den heute aktuell angebotenen Schlössern.
@ Britta Stahl: Mit der Haarklammer wird es nicht gehen, mit dem richtigen Werkzeug schon. Erstaunlich ist nur, dass die professionellen Schlosser oft mit Hartmetallbohrer und Co. anrücken, wenn mal die Wohnungstür zugefallen ist. Aber die wollen ja nachher auch gleich ein neues Schloss verkaufen…
Mit Haarklammern, geht es ganz leicht bei den meisten Vorhängeschlössern innerhalb von Sekunden. Glaubt man erst, wenn man es selbst gemacht hat oder gesehen hat…!
Uns Lockpicker freut es schon mal sehr, dass auf das wesentliche eingegangen wurde: Wir knacken keine Schlösser, sondern entsperren diese zerstörungsfrei. Dieses Vorgehen, neben der ethischen Grundlage – bei uns „Sportordnung genannt – unterscheidet uns klar von Einbrechern.
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