Plagiat oder nicht Plagiat, das ist hier die Frage, auf die es eigentlich schon lange eine Antwort gibt, die zwar offiziell bestätigt scheint, der Karl-Theodor zu Guttenberg jedoch immer wieder aufs Neue mit relativierenden und beschönigenden Aussagen entgegen tritt. Jüngst tat er dies mit der Veröffentlichung seines Buches „Vorerst gescheitert“, mit dem er aus seinem selbstgewählten Exil wieder zurück nach Deutschland kam, um einen Neuanfang zu starten. Doch dieser neue Beginn ist für viele mit alten Kamellen verbunden und kaum ist der ehemalige Staatsmann zurück auf dem nationalen Parkett, um nach Aufmerksamkeit zu ringen, erhält er diese auch, aber vermutlich nicht in der Form, wie er es gerne gehabt hätte.
Alles beim Alten
Nachdem sich Theodor zu Guttenberg nach der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit von der politischen Bildfläche zurückzog und auch sein Privatleben zunächst weg von Deutschland nach Amerika hin verlegte, trat der smarte, ehemals so beliebte Politiker mit geschwellter Brust zurück auf den Plan und präsentierte neben harscher Kritik gegenüber der aktuell gefahrenen Euro-Krisenpolitik in allzu selbstsicherer Art und Weise sein Buch „Vorerst gescheitert“, das einigen so ganz und gar nicht schmecken mag. Denn anstatt die Publikation als Basis zur Entschuldigung für die Plagiatsvorfälle zu nutzen, wirft die Presse Guttenberg vor allzu schnell in die Offensive zu preschen und es vorzuziehen auf 200 Seiten lautstarker Selbstverherrlichung gleich wieder anzugreifen, noch bevor eine Läuterung der Vorwürfe auch nur im Ansatz hätte stattfinden können. Auf der einen Seite sind die Stimmen der Kritiker durchaus nachzuvollziehen, doch scheint zu Guttenberg auf der anderen Seite auch gerne als Sündenbock genutzt zu werden, auf den man aktuell schön einprügeln sich vom Frust allgemeiner politischer Fehlentscheidungen befreien kann, ohne Querelen innerhalb einer Partei, Fraktion oder Konsequenzen in irgendeiner sonstigen politischen Weise befürchten zu müssen. Natürlich, mit Ruhm bekleckert hatte sich Guttenberg sicherlich nicht, wenn er selbst Jahrelang von ehrlicher und aufrichtiger Politik schwärmte, während er im Hinterkopf genau um seine gestohlenen Passagen seiner Doktorarbeit wusste und die verborgene „Schandtat“ wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf schwirrte, bis die ganze Angelegenheit an die Öffentlichkeit getragen und damit erst zum handfesten Skandal wurde. Doch zu einem Schwerverbrecher macht das den Politiker wohl eher nicht und ob man es glauben mag oder nicht, aber der Mensch hinter dem Skandal ist nach dem Bekanntwerden der gleiche, wie davor auch. Doch all die Sympathien der Gönner und Freunde Guttenbergs, die ihm nach dem Skandal den Rücken kehrten, können dann wohl auch nicht ganz so aufrichtig gewesen sein. Aber im Grunde ist das auch vollkommen legitim, denn liegt erst jemand auf dem Boden, darf dann auch kräftig nachgetreten werden, so zumindest lernt man es in einer funktionierenden Ellbogengesellschaft, die Guttenberg nun mit seinem Buch anzugreifen sucht.
Zu schnell und zu aggressiv
Zum Thema:
„Vorerst gescheitert“ lautet der Titel von Guttenbergs Buch und sollte wohl als eine Art musikalische Untermalung fungieren, welche die Rückkehr in die deutsche Politik und auch den Weg zurück in die Herzen der Deutschen mit einem Paukenschlag untermauert. Doch der Schachzug verfehlte seine Wirkung und statt auf die Hochgesänge des Buches einzustimmen, legten die Kritiken und Pressestimmen eine deutlich andere Sprache an den Tag. Das Buch selbst besteht aus einem überlangen Interview zwischen Karl-Theodor zu Guttenberg und dem Chefredakteur der „Zeit“ Giovanni di Lorenzo. Wird ein derartiges Buch veröffentlicht, so darf man per se davon ausgehen, dass die Fragen und Antworten sowohl sorgfältig aufeinander abgestimmt als auch im Nachhinein noch kräftig geschliffen worden sind, um ein Bild zu erzeugen, das den Absichten Guttenbergs entspricht und in seiner Seriosität und Tragweite durch ein offizielle renommiertes Blatt bekräftigt wird. An sich ist die Vorgehensweise auch gewiss keine dumme, doch begibt sich Guttenberg zu offensichtlich in die Opferrolle und holt zu einem Rundumschlag aus, der sich gewaschen hat. So versucht er in einer der Schlüsselpassagen des Buches seine Ehre dadurch zu retten, dass er in seiner Doktorarbeit unbeabsichtigt abgeschrieben hätte, weil er mit der wissenschaftlichen Arbeit überfordert gewesen sei. Dabei betont er, dass dies den entscheidenden Unterschied ergebe, seine Ehre zu behalten oder eben nicht. So weit, so gut. Doch kurz nach Erscheinen des Buches wird dann bekannt, dass sich zu Guttenberg nicht nur bei seiner Doktorarbeit der Arbeit Fremder bediente, sondern schon zuvor bei einem Aufsatz, der von der politischen Beziehung zwischen Deutschland und der Türkei handelte. Diese Erkenntnis, sofern sie denn der Wahrheit entspricht, führt das ganze Vorhaben ad absurdum und lässt den ausgeklügelten, strategischen Zug schon beinahe wie einen Schildbürgerstreich wirken. Und selbst als größter Gönner des ehemaligen Verteidigungsministers muss man sich eingestehen, dass die Ehre endgültig futsch ist, wenn das Betrügen und allem voran die ständigen Unschuldsbeteuerungen dann doch System hatten. „Voll gescheitert“, kann man da nur sagen.
Der ehrliche Politiker – Ein Paradoxon
Den ehrlichen Politiker gibt es genauso wenig, wie es den ehrlichen Menschen an sich gibt. Irgendwo, irgendwie und irgendwann hat jeder von uns schon einmal gelogen und sei es nur, um einen anderen nicht zu verletzen. Das ist jedoch keine Schande, sondern menschlich. Denn selbst die Größten machen Fehler, aber schließlich zeugt es dann von wahrer Größe, ob man sich diese Fehler auch eingesteht und zumindest wieder auszubügeln versucht oder ob man sich durch falsche, populistische Unschuldsbekundungen immer tiefer in den Schlamassel befördert, langfristig auch das letzte Fünkchen Glaubwürdigkeit dafür opfert und den lauernden Kritikern Futter in rauen Mengen für ihre Kanonen bereit stellt, damit sie seitenweise auf Spatzen schießen können. Manchmal ist weniger eben einfach mehr und etwas „weniger Buch“ hätte Guttenberg sicherlich besser gestanden. Und ohne Partei für eine Seite zu ergreifen, darf man Guttenberg durchaus Unaufrichtigkeit vorwerfen, doch braucht man es auch nicht zu übertreiben. Würden alle kleineren und größeren „Regelverstöße“ anderer Politiker ans Licht kommen, würde uns sicherlich schwindelig werden. Letztlich nutzen die Diskussionen und Aufregungen allenfalls den Verkaufszahlen des Buches in nicht zu unterschätzendem Maße und wer weiß, vielleicht ist damit der beabsichtigte Zweck des Ganzen auch schon abgegolten.
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