Ascot – dies ist wohl der einzige Ort auf der Welt, an dem eine Frau einen Obstkorb oder einen Truthahn auf dem Kopf tragen kann, ohne damit Aussehen zu erregen. Wer etwas auf sich hält im Königreich Großbritannien, wer seine heiratsfähigen Töchter bestmöglich präsentieren und wer geschäftlich im Gespräch bleiben will, der zeigt sich bei den Veranstaltungen auf der Galopprennbahn in Ascot.
Ach ja, Pferderennen gibt es dort auch und natürlich fiebern in Ascot Rennstallbesitzer, Zocker und Buchmacher auch dem Sieg ihrer favorisierten Galopppferde entgegen. Doch diese sportlichen Leistungen sind angesichts des gesellschaftlichen Rahmenprogramms völlig in den Hintergrund getreten.
Schon als die damalige Königin Anne vor nunmehr genau 300 Jahren eine Waldlichtung in Windsor als idealen Platz für ein sommerliches Pferdevergnügen auserkor, kamen die meisten Zuschauer nicht wegen der Pferde, sondern um die Aristokraten zu betrachten, die sich, ihre exquisite Kleidung, ihre prächtigen Kutschen, ihre silbernen Teetassen und ihre Havannazigarren präsentierten.
Formell, aber schrill
Neben den geladenen Gästen, die das Allerheiligste, die Royal Enclosure, betreten dürfen, auch jeder gewöhnliche Sterbliche mit einem normalen Ticket ab ungefähr zehn Euro die öffentlichen Tribünen betreten. Beachtet werden muss dabei allerdings eine strikte Kleiderordnung, die kurze Hosen bei Damen beispielsweise zum Tabu erklärt.
Wer sich als einer der 300.000 geladenen Gäste im unmittelbaren Umfeld der königlichen Familie bewegen will, muss noch striktere Reglements auf sich nehmen: Ein „dem Anlass entsprechendes Kleid“, natürlich kombiniert mit einem Hut (oder einem abenteuerlichen Konstrukt auf dem Kopf) ist für die Damen ebenso Pflicht wie für die Herren ein schwarzer oder grauer Anzug mit Weste und Zylinder.
Schlemmen über die Maßen
Auch die Verpflegung des Royal Ascot, des traditionellen Pferderennens, das die Rennsaison alljährlich im Juni eröffnet, ist königlich: Erdbeeren, Hummer, Austern, Räucherlachs und Champagner sind Grundnahrungsmittel.
Gerade Letzterer findet derart Zuspruch, dass sich die Anlieger des Geländes in den letzten Jahren immer mehr über alkoholisierte Besucher beschweren, die randalieren oder in ihre Vorgärten urinieren.
Besonders am sogenannten „Ladies‘ Day“, einem Donnerstag im Juni, werden nicht nur die schrillsten Hüte ausgeführt, sondern zunehmend auch schlechte Manieren. Ascot läuft Gefahr, sein Flair von Glamour und Kultiviertheit einzubüßen – nicht durch zu kurze Röcke, sondern durch zu lange Trinkgelage!
Weiterführender Link zum Thema:
Ascot Racecourse : Horse Racing
http://www.ascot.co.uk/
Royal Ascot 2011 Ladies‘ Day – in pictures
http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/gallery/2011/jun/16/ladies-day-ascot-fashion
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