Wollte man es besonders böse formulieren, so könnte man schreiben, dass der Einheitsfraß der Fast Food Ketten zukünftig zumindest nicht mehr als Einheitsbrei auftritt, sondern die großen Konzerne ihren Filialen eine zeitgemäße Schönheitskur gönnen wollen. Ganz im Zeichen der Zeit ist man sich in den Führungsetagen von Starbucks, Mc Donald’s und Co wohl so langsam bewusst geworden, dass man auch der Atmosphäre eines Restaurants Aufmerksamkeit schenken sollte und plant, die angestaubten 08/15-Massendesigns durch eine modernere und vor allem auch zum Umfeld passende Gestaltung zu ersetzen.
The Bank in Amsterdam ist der Vorläufer
Das Café „The Bank“ liegt mitten in Amsterdam und macht schon auf den ersten Blick ordentlich etwas her. Wie die Welt berichtete, gleicht der Raum eher einem Theater, bei dem die Bar die Rolle der Bühne einnimmt. Aus der Decke wurde ein hölzerner Himmel gezaubert, die Wände sind künstlerisch gestaltet, die Tische aus schwerem, hochwertigem Holz. Der erste Eindruck des Cafés vermittelt den Eindruck einer kulturellen Revolution, wie sie nur liebevoll von einem kleinen Betreiber mit Herzblut betrieben werden könnte. Doch der Schein trügt, denn hinter dem extravaganten und individuell daherkommenden Café verbirgt sich kein Geringerer als Starbucks. Jawohl, die große Café-Kette, die in fast jeder Stadt rund um den Globus eine Filiale betreibt. Doch was ist geschehen?
Pilotprojekt von Starbucks
Der milliardenschwere Konzern Starbucks testet in Amsterdam eine neue Linie der Filialen-Gestaltung. So möchte man weg von den lieblosen, pragmatischen Schnellrestaurant-Einrichtungen, hin zu mehr Individualität. „The Bank“ in Amsterdam soll dabei eine Vorreiterrolle spielen, die maßgebend für die Filialen in anderen Städten sein soll. Insgesamt möchte man das Image des überall gleichen Ketten-Designs loswerden und mehr Authentizität ausstrahlen. Eine Hundertachtziggraddrehung, denkt man nur ein, zwei Jährchen zurück, als die Unternehmen händeringend bestrebt waren, dass eine Filiale aussieht wie die andere und zwar möglichst auf der ganzen Welt, von Berlin über New York bis hin zu Tokio. Lauscht man den Worten der Design-Verantwortlichen Liz Muller des Starbucks-Konzerns, so darf man sich nun auf eine Trendwende freuen. Denn die Filialen sollen nicht mehr wirken als kämen sie vom Fließband, sondern vielmehr so, dass die neuen Cafés zum jeweiligen Ort passen, zu dem Gebäude, in dem sie untergebracht sind und auch zu dem Umfeld der Lokalität. Man könnte also fast meinen, es sollte so etwas wie individuelle Identität aufkommen, aber geht das bei Ketten überhaupt?
Back to the Roots
So gut die Fast Food oder Franchisebranche auch besucht ist, haftet den Schnellrestaurants bei vielen Menschen das Massenkompatible an, das umgekehrte besondere Etwas, das den Ketten einen negativen Flair verleiht, sie wirken lässt wie Abfütterungsanlagen. Kein Wunder also, dass man sich von diesem Image verabschieden möchte und vom massentauglichen Corporate Design auf individuelle Gestaltung baut. Doch woher der plötzliche Sinneswandel? Die Frage ist einfach beantwortet, denn die Idee der Änderung des Designs ist bereits vier Jahre alt und ist aus einer waschechten Krise entstanden. Im Jahre 2008 erhielt Starbucks große Konkurrenz in Form der McCafés aus der McDonald’s Kette und das schlug sich gewaltig in den Verkaufszahlen nieder. Man musste rund 12.000 Stellen streichen und 600 Filialen schließen, doch nicht ohne in die Offensive zu gehen. Also überlegte man sich eine neue Strategie und kam zu dem Schluss, einen Schritt zurückzugehen, nämlich dahin, wo die Geräte und Kaffeemaschinen vielleicht noch weniger komfortabel und auch langsamer waren, die Kaffeekultur aber regelrecht zelebriert wurde. Man wurde nicht schnell mit einem seelenlosen Kaffee abgespeist, sondern war Teil eines Rituals, an dessen Ende man einen ganz besonderen Kaffee genießen konnte. Und dorthin will man das Unternehmen wieder führen, mit mehr „Liebe zum Produkt“ und in letzter Konsequenz auch mit der Mühe, die man sich mit der Gestaltung der einzelnen Restaurants geben wird.
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Die Konkurrenz schläft nicht
Dass „The Bank“ in Amsterdam ein gern besuchtes Fleckchen von kultureller Bedeutung geworden ist, blieb natürlich auch der Konkurrenz nicht verborgen. Und so kündigte McDonald’s an, ein paar läppische Milliarden zu investieren, um ebenfalls einen Rundumschlag im Erscheinungsbild vorweisen zu können. In Frankreich beauftragte man beispielsweise den namhaften Designer Patrick Norguet, die neuen Filialen individueller zu gestalten. Insgesamt möchte man weg vom Image des Jugendtreffpunktes und hin zum Anspruch als Familienlokal ernst genommen zu werden. Eigens dafür soll es in den McDonald’s Filialen auch Touchscreens an den Tischen geben, an denen man sein schnelles Menü bequem auf Tastendruck bestellen kann. Nur abholen muss man es dann noch selbst an der Theke. Und apropos Tische, diese sollen künftig nicht mehr aus Plastik sein, sondern aus echtem Holz. Ob die Maßnahmen den Umsatz weiter ankurbeln werden? Ob die neuen Erscheinungsbilder etwas daran ändern werden, dass die Gerichte überall gleich schmecken? Ob der massentaugliche Individualismus wirklich individuell die Massen anlocken wird? Man wird sehen.
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