Startseite / Panorama / Kim Schmitz – Von der Villa in den Knast

Das Ende von Megaupload.com:

Kim Schmitz – Von der Villa in den Knast

Kim Schmitz in seinem Loft (1996) bei MünchenHacker werden ist nicht schwer, Hacker sein dagegen sehr. Das wird sich nun auch Kim Schmitz (aka: Kim Dotcom) denken, der sich in einer für deutsche Verhältnisse nahezu beispiellosen Möchtegern-Hacker-Karriere vom Kleinkriminellen über den verantwortungsbewussten Sicherheitsbeauftragten wieder zurück zum mutmaßlichen Kriminellen gemausert hat, jedenfalls, wenn man den ganzen Newsmeldungen der letzten Tage Glauben schenken darf. Denn denen zu Folge hat der in Neuseeland lebende Schmitz als Betreiber des Download-Portals Megaupload einen enormen urheberrechtlichen Schaden verursacht. Und die Anklagebank, auf der Kim Schmitz Platz nehmen soll, steht in den Vereinigten Staaten von Amerika und die sind nicht gerade zimperlich, wenn es sich bei einer Straftat um Urheberrechtsverletzungen handelt. Doch genau das wird dem deutschen Multimillionär nun vorgeworfen.

Wer ist dieser Kim Schmitz überhaupt?

Wer das Geschehen um das Internet nicht über die Jahre verfolgt hat und für wen der Begriff dot.com-Blase ein Fremdwort ist, der wird sich sicherlich auch Fragen, wer dieser Mann eigentlich sein soll, der für Trubel und Schlagzeilen in der Presse gesorgt hat. Die einfache Antwortet lautet: Kim Schmitz, erfolgreicher Internetunternehmer. Die kompliziertere Variante kennzeichnet den Mann als ehemaligen Möchtegern-Hacker mit dem Namen Kimble. Kimble? Ja, so hieß auch die Hauptfigur aus dem Film „Auf der Flucht“ und in Anlehnung daran, gab sich Schmitz während seiner Hackerzeit auch diesen besonderen Namen. Denn auf der Flucht war Schmitz schon damals, als er noch in Deutschland lebte und sein Geld überwiegend mit Betrugsdelikten verdiente. Die Hacker-Szene distanzierte sich jedoch schon damals von Kimble, hielt ihn für einen Hochstapler, der durch seine prahlerischen Straftaten eine ehrenhafte Szene in Verruf brachte. Doch auch die harsche Kritik aus den scheinbar eigenen Reihen, konnte Schmitz nicht aufhalten.

Der Start einer zweifelhaften Karriere

Screenshot von MegauploadMitte der 1990er Jahre trat Schmitz erstmals auf den Plan der Öffentlichkeit und präsentierte sich als Hacker, der in der WDR-Sendung „Monitor“ das illegale Blue-Box-Verfahren erläuterte. Durch das Blue-Box-Verfahren war es technisch möglich, sich kostenlose Telefongespräche zu erschleichen. Doch der Auftritt im Fernsehen war nur die Spitze des Eisberges. Im Hintergrund betrieb Schmitz Internetunternehmen, die sich ausschließlich mit illegalen Inhalten beschäftigten, so vertrieb der Möchtegern-Hacker unter anderem auch Raubkopien, was letztlich zu einer Verurteilung vor Gericht führte. Bandenhehlerei, Betrug, Computerbetrug und Missbrauch von Titeln lauteten die Anklagen und das Jugendstrafmaß wurde auf zwei Jahre zur Bewährung festgelegt.

Aus den Fehlern gelernt

Die Strafe für den jungen Hacker schien gefruchtet zu haben, denn dieser wendete sich zunächst von sämtlichen kriminellen Machenschaften ab und hin zu dem Ernst des Lebens. Schmitz gründete ein eigenes Unternehmen für Internet-Sicherheit und konnte dies nach erfolgreichem Start an den TÜV-Rheinland verkaufen. Schmitz selbst behielt 20% der Firmenanteile und hatte bereits einen Batzen Geld angehäuft. Alles schien gut zu laufen und Schmitz hatte sogar die Zeit und die Nerven, in teilweise peinlichen Auftritten an seinem öffentlichen Image zu polieren. Um Schlagzeilen zu machen setzte er beispielsweise eine Belohnung auf Osama Bin Laden aus und behauptete, er würde in diesem Fall mit der US-amerikanischen Bundespolizei, dem FBI, zusammenarbeiten. Viel heiße Luft also, aber nichts strafbares, noch nicht. Denn die Wirkung der Strafe schien verflogen und der Reiz des schnell verdienten Geldes lockte.

Back to the Roots – Megareich, Megacool, Megaupload

FBI Warnhinweis auf der Seite von Megaupload.comSchmitz gründete im Jahre 2001 eine neue Firma und erwirtschaftete sich in kürzester Zeit eine Summe in Millionenhöhe durch das Tätigen von Insiderhandeln an der Börse. Die Staatsanwaltschaft schaute dem Treiben nicht lange zu und Schmitz wurde im Jahre 2002 erneut zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, sowie zu einer Geldstrafe in Höhe von 100.000 Euro. Nach der Verurteilung gründete der Unternehmer voller Tatendrang wieder diverse neue Firmen und vermehrte sein Geld stetig. Sein Drang zur Öffentlichkeit blieb jedoch bestehen, sodass er immer wieder versuchte, irgendwie in den Schlagzeilen oder im Fernsehen zu landen. So plante er beispielsweise ein großes Straßenrennen, das aber nie stattfand.

Was hingegen stattfand, war die Etablierung des Datentausch-Portals „Megaupload“, das bald hohe Gewinne abwarf und von Schmitz als Geschäftsführer betrieben wurde. Bei dem Service „Megaupload“ war es Benutzern möglich, Dateien hochzuladen, um diese mit anderen Benutzern zu teilen. Während sich der an sich praktische Service durchaus für rechtschaffene Zwecke nutzen ließ, explodierten jedoch die geteilten Dateien, die gegen das Urheberrecht verstoßen. Filme, Musik oder Bücher waren in tausendfacher Ausführung auf dem Portal vertreten und konnten von jedem Internetnutzer einfach heruntergeladen werden.  Bereits im Jahre 2007 gab es deshalb eine Klage aus der Erotik-Branche, die Schmitz auf Schadensersatz in Höhe von 5 Millionen US-Dollar verklagte. Der Streit wurde mit einem Vergleich in unbekannter Höhe beigelegt. Schmitz zog sich aus der Öffentlichkeit zurück und tauchte in Neuseeland ab, wo er im Januar 2012 nun erneut verhaftet wurde. Wider lautet der Vorwurf auf Urheberrechtsverletzungen, wieder ist das Portal „Megaupload“ betroffen, aber zu einem Vergleich wird es dieses Mal wohl eher nicht kommen. Denn das FBI hat die Webseite bereits abgeschaltet und die Auslieferung des Deutschen in die USA gefordert. Das gesamte Verfahren um den ehemaligen Hacker ist noch in vollem Gange und bis grundlegende Entscheidungen gefallen sind, wird Schmitz aufgrund von Fluchtgefahr seine Zeit zunächst in neuseeländischer Untersuchungs-Haft verbringen. Schmitz selbst weist die Vorwürfe von sich und bezeichnet sich als unschuldig. Wer Recht hat, das wird die Zukunft zeigen.

Foto: © Andreas Bohnenstengel

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.