Die 30.000 Einwohnergemeinde Kennesaw im US-amerikanischen Bundesstaat Georgia mag auf den ersten Blick wie ein ganz gewöhnliches kleines Nest wirken, doch zeigt sich bei genauerem Blick das wahre Gesicht des Ortes, der selbst in den USA einmalig ist: In Kennesaw herrscht Waffenpflicht. Doch von wilden Schießereien, die an den Wilden Westen erinnern gibt es keine Spur in dem Örtchen. Ganz im Gegenteil ist dort die Kriminalitätsrate sogar besonders niedrig.
In Kennesaw gibt es Schießeisen für jeden
Seit 1982 ist es in der Kleinstadt Kennesaw Gesetz, dass jeder Hausbesitzer auch eine Waffe haben muss. Und während sich die einen nicht ganz so wohl mit dem Gesetz fühlen, tragen die anderen ihre Schießeisen stolz am Hüftgürtel spazieren und erinnern in ihrem Auftreten eher an Billy the Kid, denn an einen modernen Bürger. Doch die Schießwut haben die Einwohner von dem zitierten Revolverhelden vergangener Tage nicht übernommen. Denn wer glaubt bei den Einwohnern des Städtchens handele es sich um wildgewordene Kriminelle, der irrt gewaltig. Denn lauscht man den Worten des ansässigen Polizeichefs, so ist es zwar Pflicht für jeden Bürger, eine Waffe zu besitzen, doch ausgenommen von diesem Gesetz sind Verbrecher, psychisch kranke Menschen und solche, die aufgrund ihrer Religion keine Waffen führen wollen oder dürfen. Die Sicherheit und Religionsfreiheit werden also trotz des ansonsten skurrilen Gesetzes gewahrt.
Das Gesetz wird hochgehalten, aber nicht ganz ernst genommen
Im Jahre 1982 erließ das Städtchen Morton Grove im Bundesstaat Illinois ein Waffenverbot. Die Verantwortlichen in Kennesaw dachten sich, was Morton Grove kann, können wir auch, nur eben umgekehrt. Und den Worten sollten umgehend Taten folgen, sodass man kurze Zeit nach dem Waffenverbot in Morton Grove, die Waffenpflicht in Kennesaw einführte. Man wollte ein Zeichen setzen, das von der eigenen Bevölkerung überwiegend positiv aufgenommen wurde. So begrüßte beispielsweise eine freundliche alte Dame eines Antiquitätenladens das neue Gesetz und zog los, um sich zu bewaffnen, damit sie sich sicherer fühlt und im Falle eines Falles auch durchschlagskräftig verteidigen kann. Viele Bürger folgten dem Beispiel, wie auch der Inhaber eines beliebten Restaurants der Stadt, der seine Waffe allerdings nicht öffentlich tragen wollte, sondern zur Sicherheit unter seinem Tresen bereithielt. In anderen Städten und vor allem in der Öffentlichkeit betrachtete man das Gesetz zur Waffenpflicht zunächst skeptisch.
Gun Town macht von sich reden
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Kennesaw hatte schnell den negativ behafteten Spitznamen „Gun Town“ weg – zu Deutsch „Waffenstadt“ – was dem Polizeichef des kleinen Städtchens aber so gar nicht schmecken wollte. Deshalb waren ihm Leute, wie der 80-jährige Ladenbesitzer Dent Myers auch eher ein Dorn im Auge. Den alternden Waffenträger störte das jedoch nicht sonderlich. Und so stolziert er auch weiterhin mit voller Bewaffnung gemütlich durch die Gegend und löst bei manchen Passanten schon durch seinen Anblick Furcht und Schrecken aus. Naja, ganz so dramatisch dürfte es nicht sein, doch weist der alte Mann zumindest ein wenig Markanz auf und erinnert mit seinem Vollbart und seinen langen Haaren an einen alternden Hardrocker, der statt zur Gitarre zur Waffe gegriffen hat. Aber das ist genau das, was Myers ausmacht. In seinem Laden, in dem er Erinnerungsstücke aus den Kriegen vergangener Tage verkauft, tönt er lautstark, dass alle, die keine Waffen tragen wollen Weichlinge seien. Doch seiner Meinung nach müsse man eben keine Waffe besitzen, wenn man gerne ausgeraubt, ermordet und vergewaltigt werden würde. Und ganz Unrecht hat der alte Haudegen mit seinen Äußerungen nicht, denn viele Verbrecher schienen durch das neue Gesetz abgeschreckt worden zu sein und hielten sich in ihren kriminellen Machenschaften im Zaum.
Seit der Waffenpflicht gibt es weniger Kriminalität
So sehr sich der Polizeichef auch über den Namen „Gun Town“ ärgern mag, so stolz präsentiert er seine statistischen Zahlen, die einen Rückgang der Kriminalität nach Inkrafttreten der Waffenpflicht belegen. Um ein Viertel seien die Verbrechen seitdem in dem Städtchen zurückgegangen und hielten sich seither auf diesem niedrigeren Niveau. Straftaten mit Waffen gebe es nicht mehr und nicht weniger als in anderen Städten auch und die Bürger sehen keinen Anlass an dem Gesetz zu rütteln. Selbst die Künstlerin Holly Jones, die noch aus der Hippie-Generation stammt hat sich mit dem Gesetz angefreundet und sieht darin einen „Teil der Folklore, der die Menschen im Süden so interessant macht.“
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