Einen Orden hat der Bayern-Präsident sicher nicht dafür verdient, dass er die Steuermoral der Deutschen in Bewegung gebracht hat. Er tat es ja nicht freiwillig, viel lieber wäre er mit seinem „Spielgeld“ unentdeckt geblieben.
Er ist aber auch nicht die Inkarnation des Bösen, wie man nach den selbstgerechten Talkshows denken müsste. Vor allem ist er nicht der einzige Steuerhinterzieher in Deutschland, über den sich Legionen von Gutmenschen jetzt entrüsten.
Nachdem nun alle, die etwas zu sagen haben, ihre eigene Ehrbarkeit herausstellen konnten, hätte vielleicht folgende Frage einen gewissen Reiz: Wie viele von den scharfen Kritikern mögen dabei gewesen sein, die selbst mit zwei Gesichtern agieren. Herr Hoeneß wäre vor nicht allzu langer Zeit auch ein geifernder Vertreter dieser Spezies gewesen!
Von der Steueraffäre zur Verwandtenaffäre der Politik
Es vergingen keine 14 Tage, da kam ans Licht, dass sich hoch angesehene Politiker in aller Stille einen Selbstbedienungsladen eingerichtet haben. Die Verwandtschaft auf Staatskosten zu beschäftigen, ist gewiss „unanständig“, wie Herr Seehofer sagte. Erstaunlich nur, dass er als Regierungschef davon nicht früher etwas gemerkt hat. Das gleiche gilt natürlich erst recht für die Opposition, die am Tag 24 Stunden darüber nachdenken, wie sie der CSU etwas anhängen können.
Natürlich ist das keinesfalls als Äquivalent für den Fall Hoeneß zu betrachten, auch wenn demnächst vermutlich noch weitere Parlamentarier kleinlaut zugeben werden, dass sie sich am Rande der Legalität bedient haben.
Dennoch erinnert dieses Pharisäertum nur allzu sehr an das berühmte Bibelwort: „Wer frei von Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“
Wenn Herr Hoeneß einmal seinen Enkeln erzählen wird, was er in Deutschland alles bewegt hat, dann wird seine Geschichte beim FC Bayern München nicht aufhören. Er wird nämlich sagen,
dass Tausende von Steuersündern kalte Füße bekommen haben, nachdem sie seinen Fall miterlebten.
Vermutlich werden nach dem Fall Hoeneß die Selbstanzeigen exorbitant in die Höhe gehen. Diese Milliarden, die es dadurch mehr für den Fiskus geben wird, sind noch das Gute an der Affäre, die ansonsten einen üblen Beigeschmack hat.
Bescheidene Frage am Rande: Musste wirklich erst ein Uli Hoeneß kommen, um die Steuerflucht der Reichen so in das Scheinwerferlicht zu rücken, dass die Politik gar nicht mehr anders kann als endlich entschlossen dagegen vorzugehen?
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