Kommen Blockbuster Hollywoodproduktionen, schwarzer britischer Humor oder feine französische Ironie auf deutsche Leinwände und Bildschirme, dann sind die meisten Zuschauer in Ermangelung entsprechend trittsicherer Fremdsprachenbeherrschung auf die Künste von Synchronsprechern angewiesen. Denn erst mit dem deutschen Idiom, das die in aller Regel selbst als hochkarätige Schauspieler agierenden Synchronsprecher ihren ausländischen Kollegen in die Münder legen, werden die Filme für uns unmittelbar verständlich. Dafür gibt es viele aussagefähige Beispiele, von denen eines nachfolgend gegeben werden soll. Und natürlich muss auch ein Blick auf die Risiken und Nebenwirkungen der geliehenen Stimmen geworfen werden.
Die Wahrheit ist irgendwo da draußen
Der Schauspieler David Duchovny agierte in seinen wildesten Zeiten als unwiderstehlich attraktiver FBI-Agent bei den legendären X-Akten. So manche Frau hätte sich liebend gern von diesem smarten Ermittler mit Freuden tagelang eindringlich verhören lassen, und auch zahlreiche Herren der Schöpfung hätten Fox Mulder ganz gewiss nicht von der Bettkante geschubst. Kleiner Tipp an dieser Stelle für alle, die jetzt Lust auf eine milde erotische Reminsizenz verspüren: In dem Film „Wilde Orchidee III“ (Red Shoe Diaries, 1992) gibt Mister Duchovny buchstäblich alles.
Aber zurück zum Thema Synchronsprecher, denn: Einen Großteil ihrer sinnlichen Ausstrahlung und sexuellen Anziehungskraft verdankte die Rolle des Fox Mulder nicht etwa dem Luxuskörper des Hauptdarstellers, sondern seinem deutschen Synchronsprecher Benjamin Völz. Ohne „Sexy David“ an dieser Stelle zu nahe treten zu wollen, muss doch festgestellt werden, dass seine echte Stimme nicht unbedingt ein akustischer Leckerbissen ist. In der Tonlage einen fatal unmännlichen Tacken zu hoch und mit leicht näselnd fiepsiger Tendenz würde der einstmals bekennende Erotomane, hinter einer spanischen Wand vor den Blicken verborgen, wohl kaum eine Schnitte machen können. Spricht Duchovny jedoch in Kino und Fernsehen mit der Stimme von Benjamin Völz, der übrigens der Sohn des bekannten und beliebten Schauspielers Wolfgang Völz ist, dann schlagen sämtliche Herzen sofort höher und auch deutlich schneller. Denn der Synchronsprecher Benjamin Völz ist mit einer absolut göttlichen Stimme gesegnet, die auch noch aus 100 Metern Entfernung jedes Stück Unterwäsche zum Bersten und jeden titanicfähigen Eisberg zum Schmelzen bringen könnte. Und so war es letzten Endes auch die Stimme selbst, die eine beispiellose Karriere hingelegt hat. Heute kann Benjamin Völz wahre Traumgagen verlangen, ohne sich dazu vor eine Kamera stellen zu müssen, während es um Agent Mulder inzwischen doch eher still geworden ist. Und auch hier noch mal ein kleiner Tipp zum Reinhören: Der Musiktitel „Ruhe“ von der Gruppe „Schiller“ lebt, neben seiner musikalischen Finesse, von der samtweichen und dennoch verlockend virilen Stimme des Benjamin Völz, der hier mit wenigen perfekt eingesprochenen Worten wirklich jeder Phantasie Flügel verleiht.
Wenn die Stimme versiegt
Wie oben bereits anklang, war die deutsche Karriere des David Duchovny in dem Moment zum Abbruch verurteilt, als Benjamin Völz ihm nicht mehr seine schmelzende Synchronstimme lieh. Und viele andere großartige Schauspieler hatten schon mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Denn auch Synchronsprecher sind mal erkältet oder ausgebucht. Und leider gehen mit zahlreichen großen alten Namen der Filmgeschichte immer auch begnadete Synchronsprecher viel zu oft für immer von uns. So kann es kommen, dass bei einem Darsteller die Stimmen wechseln müssen, was der Rolle stets einen neuen und deutlich anderen Unterton gibt. Nehmen wir als Beispiel den unvergessenen Peter Falk in seiner Paraderolle des „Columbo“. Für diesen einmaligen Ermittler gaben die renommierten deutschen Schauspieler Uwe Friedrichsen, Klaus Schwarzkopf, Horst Sachtleben, Claus Biederstaedt und Hans Sievers ebenso eindrucksvolle wie auch einprägsame Kostproben aus ihren Kehlköpfen ab.
Natürlich muss man nicht selbst Schauspieler sein, um als Synchronsprecher eine kreative Karriere zu machen. Tatsächlich ist Synchronsprecher ein echter Traumberuf für alle, die eine eindrucksvolle und ausgebildete Stimme, aber keine Lust auf Publicity haben. Wer also Synchronsprecher werden will, sollte sich jetzt mal googelnd nach den zahlreichen Möglichkeiten erkundigen.
P.S.: Zwanzig Prozent auf alles, außer Tiernahrung? Der, der das sagt, heißt Manfred Lehmann. Und dieser Mann mit der charakteristisch kernigen Stimme synchronisiert auch Bruce Willis, Gérard Depardieu, Christopher Lambert, Dolph Lundgren, Kurt Russell sowie James Woods. Achten Sie doch mal bei der nächsten praktischen Baumarktwerbung drauf.
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