Wer putzt so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Tatortreiniger, zwar ohne Kind, dafür aber mit jeder Menge schwarzem Humor. Doch leider, und das haben bereits schon einige bemängelt, haben von dem TV-Kleinod gar nicht so viele Zuschauer mitbekommen, wie es die Mini-Serie eigentlich verdient hätte. Denn die Erstausstrahlung beim NDR ging zu, sagen wir, ungünstiger Stunde ohne viel Ankündigung auf Sendung. So versteckte der Sender die makabre Serie zunächst im Nachtprogramm, nur um sie nach einiger Zeit ebenso heimlich ein wenig früher zu wiederholen. Doch vollkommen zu Unrecht meinte auch die Jury des Grimme Preises und bedachte die Serie mit dem Preis in der Kategorie Unterhaltung.
Bjarne Mädel unterwegs als Tatortreiniger
„Ach Sie putzen?“, wird Bjarne Mädel – bekannt aus der TV-Serie Stromberg – in seiner Rolle des Spurenbeseitigers Heiko Schotte oder kurz „Schotty“ gefragt, doch ganz so einfach ist es nicht. „Ne, ich bin Tatortreiniger.“, antwortet er, „Das ist’n Unterschied. Meine Arbeit fängt da an, wo sich andere vor Entsetzen übergeben“. Und besser lässt sich die Tätigkeit des Tatortreinigers auch kaum beschreiben. Denn das Säubern von blutbespritzen Bädern, um nur ein Beispiel zu nennen, ist wohl keine angenehme Aufgabe. Klingt eher makaber, nach schwarzem Humor, mögen Sie jetzt vielleicht denken und haben vollkommen Recht damit. Doch genau das ist es, was die kleine, aber feine Serie des NDRs auszeichnet. Mal Farbe bekennen, mal nicht auf einen Zug aufzuspringen, der sich gerade gut verkauft, sondern einfach mal ein bisschen Mut zu zeigen, der sich dann prompt auszahlt und mit dem Grimme-Preis bedacht wird. Doch ausschließlich auf diesen Preis zu verweisen hat die Serie gar nicht nötig, sondern sie kann schon ganz alleine von sich aus überzeugen.
Clean me up, Schotty
„Dreck ist Materie am falschen Platz.“ So nüchtern betrachtet Schotty seine Arbeit und mal Hand auf Herz, könnte man den Umstand vom Schmutzigsein philosophischer ausdrücken? Bestimmt irgendwie, aber kaum passender in einer Comedyserie, denn Humor sind Lacher am richtigen Platz und die bringt die Serie im großen Ganzen durchaus. In jeder Folge hat Schotty einen „neuen Fall“ zu bearbeiten und sieht sich allerlei verrückten Begebenheiten ausgeliefert, obwohl nicht wirklich ausgeliefert, denn mit seiner schlagfertigen Art weiß der Putzteufel, Pardon, Tatortreinigerteufel, auch die schwierigste Situation zu meistern. Ganz gleich ob es sich um die überraschende Begegnung mit einer Prostituierten am Tatort der ersten Folge handelt, das Aneinanderrasseln mit einem gestressten Autoren, um die Erlebnisse mit einem Psychotherapeuten oder einer reichen Witwe, der Tatortreiniger ist einfach erfrischend anders. Dabei möchte Schotty doch eigentlich nur einfach seine Arbeit machen und den Tatort säubern, doch irgendjemand funkt ihm eben immer dazwischen. Kurzum vereint die Serie intelligenten Witz mit dem Charme eines Tölpels, der kein Blatt vor den Mund nimmt und über das Feingefühl eines Holzhammers verfügt. Und auch wenn es sich gewiss nicht direkt vergleichen lässt, so wird jeder der Stromberg mochte, auch vom Tatortreiniger wahrscheinlich nicht enttäuscht sein, aber eine Garantie ist das natürlich nicht.
Bisher nur vier Folgen
Obwohl die Serie vom NDR selbst in Auftrag gegeben wurde, waren sich die Verantwortlichen scheinbar nicht ganz sicher, wie die Serie beim Publikum ankommen wird. Denn zum Auftakt der Produktion gab es nur vier magere Folgen mit einer Spielzeit von je guten 25 Minuten. Doch wer sich die Serie bereits anschaute und auf eine Fortsetzung hofft, darf beruhigt sein. Der Tatortreiniger soll in die zweite Runde gehen. Laut Angaben des NDR sind für die Zukunft weitere sechs Folgen geplant. Man darf gespannt sein.
Vorbilder aus dem Kino und der Realität
Wer selbst ein Filmfan ist, wird sich sicherlich noch an „Curdled“ aus dem Jahre 1996 erinnern. Unter Beteiligung von Quentin Tarantino drehte Regisseur Reb Braddock die rabenschwarze Komödie, die sich um das gleiche Thema dreht, doch die Geschichte aus der Sicht einer Frau erzählt. Die Hauptfigur des Films ist schon seit ihrer Kindheit von Blut fasziniert und nimmt letztlich eine Anstellung in einer Reinigungsfirma an, die sich auf die Spurenbeseitigung an Tatorten spezialisiert hat. Etwas bekannter und mit größerem Staraufgebot griff Hollywood das Thema erneut in dem Film „Cleaner – Sein Geschäft ist der Tod“ mit Samuel L. Jackson auf und präsentierte einen soliden Thriller. Auch hier handelt die Geschichte von einem Mann, der eine Firma zur Tatortreinigung betreibt. Doch die Thematik entspringt nicht der Phantasie wildgewordener Drehbuchautoren, sondern derartige Cleaner gibt es wirklich. Schließlich muss es ja jemanden geben, der echte Schauplätze von Verbrechen wieder reinigt und für die Nachwelt bewohnbar beziehungsweise begehbar macht. Entsprechend sind auch in Deutschland Firmen zu finden, die sich auf die Reinigung von Tatorten spezialisiert haben. Dass die reale Arbeit Vorbild für die NDR-Serie war, dürfte bezweifelt werden, so darf man doch nur hoffen, dass die echten Tatortreiniger nicht vorgehen, wie es der schräge Schotty tut. Abschließend lässt sich noch einmal betonen, dass man nicht unbedingt den Hang zum Makabren braucht, um Gefallen an der Serie zu finden. Ein wenig geschmacklos mag sie vielleicht manchem Erscheinen, doch nähert sie sich dem problematischen Thema des Todes, mit einem Augenzwinkern und nimmt sich selbst dabei nicht bierernst. Wer sich traut, sollte am 17. Mai um 21.45 Uhr also ruhig bei der ARD vorbeischauen, denn da wird die Serie noch einmal wiederholt und dieses Mal wahrscheinlich auch mit ein paar mehr Zuschauern. Verdient hat sie es jedenfalls allemal.
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