Sie sieht aus als wäre sie geradewegs aus einem Jules-Verne-Film an die Rügener Ostseeküste entwischt – die Tauchgondel an der Selliner Seebrücke. Schon von der Uferpromenade aus zieht das imposante Objekt alle Blicke auf sich und Wissbegierige magisch an. Welche Geheimnisse offenbaren sich wohl, wenn man sie besteigt?
Ein Tauchgang ins Meer
Begibt man sich mit der Gondel auf die Reise zum Meeresgrund, so geschieht das ohne Sauerstoffflaschen, ganz trockenen Fußes und innerhalb völlig normaler Druckverhältnisse, denn das Gefährt ist druckfest konstruiert. Es sinkt am Kopf der Brücke rund vier Meter ab und verharrt dann für 35 Minuten knapp einen Meter über dem Meeresgrund. Bereits während des Abtauchens erklärt die Crew allerlei Wissenswertes über die Ostsee.
Ganz im Stil des Kapitän Nemo können die Gäste dann durch Fenster die Aussicht auf die Meeresumgebung genießen und je nach Jahreszeit und Sichtverhältnissen Wasserpflanzen und –getier in unmittelbarer Nähe erleben. Manch ein Gast stellt angesichts dessen mit Entzücken fest, dass die in den Vortagen verspeisten Köstlichkeiten wie Flunder und Aal tatsächlich einheimische Fische sind und daher ja wirklich nur frisch gewesen sein können. Eines der Fenster präsentiert einen 3-D-Unterwasserfilm über die Ostsee, ein weiteres bezaubert mit bewegten Bildern des Baltischen Meeres, des Great Barrier Reef und der Bahamas.
Unabhängig davon, ob der Blick einem Hering, Ohrenquallen, anmutigen Plattfischen, Garnelen, Plankton, Korallenriffen oder entfernten Exoten folgt – kaum ein Besucher kann sich der Magie des Meeres entziehen. Die Ausführungen der Besatzung sensibilisieren gleichzeitig für die Bedeutung und Gefährdung der Gewässer und wecken in vielen Gästen ein neues Bewusstsein für den Umgang mit dem Lebensraum Meer.
Die Erfinder und ihr Werk
Ins Leben gerufen wurde das Projekt „Tauchgondel“ vom Wolgaster Konstrukteur Andreas Wulff. Gemeinsam mit dem Greifswalder Meeresbiologen Volker Miske hat er die Tauchglocke entwickelt und für die praktische Umsetzung gesorgt. Unterstützt durch den WWF werden die Gondeln in Wusterhusen nahe Greifswald gebaut, hier entstand bereits das erste Modell, welches seit 2006 in Zinnovitz auf Usedom in Betrieb ist.
Besonderes Augenmerk lag bei der Konstruktion auch auf der Sicherheit und einem gewissen Maß an Komfort. Der Unterbau, an dem die Gondel auf- und abtaucht, ist fest im Erdboden verankert, ein etwaiges Abtreiben daher ausgeschlossen. Bei kritischer Witterung wie Sturm oder Eis wird nicht getaucht. Die Gondel bietet Platz für maximal 30 Personen, die sich im Innern recht bequem aufhalten können, wenn auch ohne Nemos Pracht und Luxus. Das Personal verfügt neben umfangreichen Fachkenntnissen auch über medizinisches Grundwissen und ist daher für alle Notfälle gewappnet.
Nach dem Auftauchen
Ein wenig Mut erfordert so ein Tauchgang – zumindest beim ersten Mal – schon, aber nachdem man stilecht in der blubbernden und schäumenden Gischt versunken und bald darauf wieder aufgetaucht ist, kann man sich der Anerkennung aller an Land Gebliebenen sicher sein. Zudem wird die Überwindung ja auch mit Eindrücken und Erfahrungen ganz neuer Art belohnt. Die Tauchgondel versteht sich viel mehr als Bildungseinrichtung denn als Touristenmagnet – obwohl sie zweifelsohne auch das ist.
Man kann den Ausflug zum Meeresgrund das ganze Jahr über genießen (sofern sich mindestens sechs Tauchwillige finden) und bei mehrfachen Besuchen so auch den Wandel der Jahreszeiten unter Wasser verfolgen. Ein Grund mehr also, die schöne Insel Rügen und das ohnehin schon charmante Sellin zu bereisen.
Tauchgondel Ostseebad Sellin
Seebrücke 2, 18586 Ostseebad Sellin, T: 03 83 03 – 9 27 77
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