Nörgeln, Untreue und Eifersucht gehören ebenso zu den zermürbenden Liebestötern wie exzessive Sportschau-Orgien. Paare haben heutzutage aber nicht nur mehr mit den altbekannten Fallstricken zu kämpfen, die schon die Großeltern ins Straucheln brachten.
Es droht für Liebesbeziehungen neues Ungemach in modernem Gewand. Denn da gibt es jemandem, oder vielmehr etwas, von dem wir unsere Finger nur ungern lassen. Ihm gilt der erste Blick am Morgen und der letzte Gedanke am Abend: Die Rede ist vom Smartphone.
Das Handy war die erste Hürde
Schon das simple Handy – also dieses mittlerweile vorsintflutlich erscheinende Gerät, mit dem man nur telefonieren oder Kurzmitteilungen versenden konnte – hatte den Status des Beziehungskillers inne. Der wahrscheinliche Grund: Die ständige Verfügbarkeit des via Handy allzeit ortbaren Partners scheint die räumliche Distanz aufzuheben.
Der direkte verbale Draht zueinander suggeriert ein allgegenwärtiges Miteinander, sehnsuchtsvolles Warte auf den anderen (das die Wertschätzung des Partners steigern kann oder seinen Wert erst deutlich bewusst macht) ist kaum mehr möglich.
Das ist für viele Beziehungen auf Dauer fatal, denn der Reiz desjenigen, der immer erreichbar scheint, verfliegt schnell. Auch die Tiefe der Gespräche nimmt durch Handy-Smalltalk drastisch ab. Belanglose Banalitäten ersetzten leicht einen intensiveren Austausch von Gedanken und Gefühlen.
Und mit „Bin gleich da, sitze schon im Auto!“ oder „Bringst du Klopapier mit?“ wird zwar die Quantität der Gesprächsfragmente erhöht, ganz sicher jedoch nicht deren Qualität.
So jedenfalls lautet das Fazit des Psychotherapeuten und Eheberaters Dr. Joachim Engl, der im Münchner Institut für Kommunikationstherapie das Für und Wider von Handys innerhalb der Paarsituation beleuchtet hat.
Verglichen mit dem Smartphone ist das Handy allerdings ein Chorknabe.
Das Smartphone als Rivale
Das Smartphone – dieser optisch ansprechende, multifunktionale kleine Quälgeist – verbindet uns nicht nur mit dem Partner, sondern gleich mit dem World Wide Web. Und da lauern diverse Beziehungskiller, die nun nicht mehr auf den heimischen PC beschränkt sind, sondern uns in stylishem Gewand begleiten. Rund um die Uhr und ohne Grenzen.
Ungeteilte Aufmerksamkeit fordern Facebook und andere soziale Netzwerke oder private Blogs, in denen so viel geschieht, dass manch einer mehrmals stündlich die Lage checkt, um auf dem Laufenden zu bleiben. News und Videoclips locken – Infotainment ist alles – und eingehende Mails und Kurzmitteilungen wollen natürlich auch beachtet und bearbeitet werden.
Partner, die mit dieser Reizflut konkurrieren wollen, müssen sich ganz schön ins Zeug legen. Killt das Smartphone keine Beziehungen, lässt es das soziale Miteinander bisweilen ins Absurde gleiten.
Paare sitzen schweigend beieinander und widmen ihre Aufmerksamkeit der jeweiligen Onlinegemeinde. Bleibt die Erkenntnis, dass man das Smartphone auch mal ausschalten kann – denn im Gegensatz zum Partner läuft es nicht weg.
© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten