Jeder kennt den Kinderreim: „Backe, backe, Kuchen…“ mit dem Schlusssatz „…Safran macht den Kuchen geel“. Safran also, das teuerste Gewürz der Welt, das aus Speisen ein Gedicht macht, das entspannend wirkt und erotische Träume zu wecken versteht, das als machtvolle Medizin in keinem Lebenselixier mittelalterlicher Ärzte fehlte, weil es Schwermut vertreibt, Schmerzen stillt, die Organe stärkt, das Leben verlängert, oder im Übermaß genommen – zehn Gramm in einer Dosis reichen -, das Leben auch verkürzt. Rotes Gold, das sind eigentlich federleichte Safranfäden einer violettfarbenen Krokusblüte, die sich im Gegensatz zu ihren etwa 80 Verwandten nicht im Frühjahr, sondern im Spätherbst öffnet und auf den wissenschaftlichen Namen Crocus sativus hört.
Im Wallis: „Safran pflücken verboten“
Ein exotisches Gewürz ist der Safran. Seine Heimat sind die Berge des Himalaja, aber auch die kretischen Gebirge, die Bergketten Zentralasiens. So hat es die/der eine oder andere in der Schule, vielleicht in der Frauenfachschule gelernt. Umso erstaunter dürfte der Bergwanderer darum sein, wenn er beispielsweise das schweizerische Wallis durchstreift und am Rande saftig-grüner Hänge Schilder entdeckt, auf denen drohend steht: „Safran pflücken verboten – Buße bis 500 Franken“. Daraus erwächst logischerweise in schier ungläubigem Staunen die Frage: „Wird Safran etwa auch in der Schweiz angebaut und geerntet?“. Die Frage kann unumwunden mit Ja beantwortet werden.
Mundener Safranrisotto ist ein Geheimtipp
Zwar war der grenzüberschreitende Safranhandel – weil ziemlich ertragreich – in der Schweiz schon immer bedeutsam. Noch heute existieren Safranzünfte in Basel, Zürich und Luzern; mit eigenen Zunfthäusern. Aber der Anbau? In der Tat, seit 1979 wird in der Gemarkung Mund im Kanton Wallis, in 1200 Meter Höhe, das rote Gold angebaut. Im Oktober blühen dort die Safran-Krokusse. Angefangen hatte es eigentlich mit der Ernte zum Eigenbedarf und für die drei Restaurants am Ort. Einheimische beispielsweise schwärmen vom Mundener Safranrisotto.
Geübte schaffen 60 bis 80 Gramm Safran am Tag
Der Anbau, vor allem aber die Ernte, das alles ist ein mühsames Geschäft. Im Herbst werden die Safran-Krokusblüten geerntet – die Pflanzen sind nur zwischen fünf und 20 Zentimeter hoch. Dann werden zu Hause die fast nichts wiegenden Safranfäden aus diesen Blüten gezupft und getrocknet. Experten haben ausgerechnet, dass man für ein Kilogramm Safran etwa 250.000 bis 350.000 Safranfäden benötigt. Das heißt, tausende von Blüten müssen gezupft werden, bis eine Prise Safranpulver zusammenkommt. Und alles ist Handarbeit, Anbau, Ernte, die Verarbeitung der getrockneten Safranfäden zu Pulver. Geübte, heißt es in Mund, bringen es auf die Produktion von 60 bis 80 Gramm Safran pro Tag.
Safran-Schmuggel mit dem Tode bestraft
Zu Spitzenzeiten ernten die Menschen in Mund in einer Saison etwa vier Kilogramm Safranfäden aus etwa einer halben Million Blüten. Die Ernteergebnisse halten die Einwohner stets leicht verdeckt. Im Jahr sollen es „nur“ etwa 2,5 Kilogramm sein. Aber der Kilopreis ist gestiegen. Vor wenigen Jahren lag er noch bei rund 12.000 Franken (8.000 Euro), zuletzt wurden 15.000 Franken, also rund 10.000 Euro, gefordert und gezahlt. Es ist halt das teuerste Gewürz der Welt, das „rote Gold“. Nicht umsonst stand auf Safran-Schmuggel und Fälschung im Mittelalter die Todesstrafe. Und so ist es auch kein Wunder, dass Safran im Supermarkt nicht im Regal liegt, sondern gut verschlossen im gläsernen „Tresor“ und normalerweise in 0,125-Gramm-Beuteln angeboten wird. Das „rote“ Gold ist halt teuerer als das gleichnamige Edelmetall.
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