Vor langer langer Zeit waren die Menschen Jäger und Sammler. Nahrung zu beschaffen war mit einer Menge Arbeit und Zeitaufwand verbunden. Heute brauchen wir dazu hauptsächlich Geld – und ab geht es in den nächsten Supermarkt. Diejenigen, die sich um Pestizide sorgen, bevorzugen den Bioladen oder den Marktstand ihres Vertrauens vom Bauern aus der Umgebung. Doch wer mit offenen Augen durch die Städte und die Natur streift, kann vieles auch kostenlos bekommen. Ein Blick ins Internet hilft dabei.
Gemeinschaftliches Eigentum: Obstallmende
Die interaktive Internetplattform Mundraub.org dient dazu, Obst und andere Nahrungsmittel, die im öffentlichen Raum wachsen, einer Verwertung zuzuführen. Denn tonnenweise verderben hierzulande Früchte, einfach, weil niemand sie erntet. Das Wissen darum, an welchen Orten welche Obstsorten zu finden – und zu pflücken – sind, wird auf der Plattform gesammelt und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Die Initiatoren von Mundraub definieren als ihr Ziel „in Vergessenheit geratene Früchte der Kulturlandschaft im öffentlichen Raum wieder in die Wahrnehmung zu rücken und in Wert zu setzen, um sie als Teil unserer Kulturlandschaft und der Biodiversität dauerhaft zu erhalten.“
Kernstück der Seite ist eine Landkarte, auf der die Nutzer Fundstellen eintragen und abrufen können. Zusätzlich zur Markierung auf der Karte können weitere Informationen geteilt werden. Es lassen sich gezielt bestimmte Obstsorten suchen, zusätzlich Nüsse, Kräuter, Beeren und „Akteure“, unter denen sich unter anderem Mostereien und Cafés finden.
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Dicke Brombeeren und herrenlose Apfelbäume
Bislang sind die allermeisten Einträge bei Mundraub in Deutschland zu finden, doch es gibt auch Einträge für andere Länder in alle Himmelrichtungen: Da finden sich beispielsweise Miniäpfel an einem Baum neben dem Friedhof bei Bozen, Äpfel und „wunderbar dicke Brombeeren“ nördlich von London, Holunder bei Kopenhagen und ein „Park voller Bärlauch“ bei Bratislava. In Finnland gibt es für Äpfel den Eintrag „Garten meiner Tante“ – hoffentlich mit deren Einverständnis. Radurlauber am niederländischen Ijsselmeer dürfen sich über große Esskastanienbäume freuen. Die Vielfalt ist beachtlich, von Mirabellen und Maulbeeren über Waldmeister und Estragon zu Sanddorn und Schlehen – schon beim Betrachten der Mundraub-Seite regt sich neben dem Abenteuertrieb auch der Appetit. Doch ein wenig Umsicht kann nicht schaden.
Vor der Gratis-Ernte gut informieren
Nicht immer ist auf den ersten Blick zu erkennen, ob es sich wirklich um herrenlose Früchte handelt oder doch um Privatgrund. Auf der Mundraub-Seite finden sich zusätzlich zu Standorten und Sorten auch rechtliche Hinweise, Musterbriefe, mit denen man um Erlaubnis zur Ernte von Stadtbäumen fragen kann, Hinweise zum Mosten und Einkochen von Früchten sowie ein Forum, in dem sich die Nutzer der Seite austauschen können. Wer Zweifel hat, sollte auf das Pflücken lieber verzichten. Zudem sollten Bäume und Sträucher nicht beschädigt und dort lebende Tiere nicht gestört werden. Dann steht dem Erntespaß nichts mehr im Wege.
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