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Arme-Leute-Essen:

Kutteln – eine aus der Not geborene Delikatesse

Kutteln gelten in Portugal als Delikatesse. In Deutschland ist das Essen aus Pansen von Rindern, Schafen und Kälbern in Vergessenheit geraten.

Kutteln auf Italienisch: "Trippa alla Parmigiana"Kaum jemand käme darauf, ihnen ungegart ein appetitliches Aussehen zu attestieren. Viel zu blass und ungesund ihre Farbe und zu wabbelig die Konsistenz. Und doch hat sich das Arme-Leute-Essen Kutteln mittlerweile zu einer internationalen Spezialität gemausert.

Freilich klingt es auch ganz anders, wenn von Trippa alla fiorentina, Trippa alla Parmigiana, Lampredotto oder Tripas à moda do Porto die Rede ist. Lässt man jedoch die wohlklingenden fremdländischen Namen einmal beiseite und konzentriert sich auf das, was vor einem liegt, hat schon so mancher Genießer von einer Kostprobe Abstand genommen.

Die Rede ist von den Kutteln – und hierbei handelt es sich um nichts anderes, als um den Pansen von Rindern, Schafen oder Kälbern. Pansen, also ein Stück des Vormagens? Das klingt ernüchternd. Und wenn man bedenkt, dass es sich beim Pansen zugleich um eine von Hunden hoch geschätzte Delikatesse handelt, wird es nicht unbedingt besser.

Das Ungenießbare genießbar machen

Oder: Gründlich reinigen, noch gründlicher wässern und lange, lange garen. Die Zubereitung eines Kuttelgerichts kann je nach Ausgangsbasis des Pansens bis zu einem halben Tag in Anspruch nehmen und ist somit nichts für eine schnelle Mahlzeit zwischendurch.

So viel zur nicht unbedingt appetitanregenden Theorie und nun zu denen, die daraus in der Praxis einige wohlschmeckende Gerichte zaubern. Denn tatsächlich sind die Kutteln äußerst flexibel, was ihre Anwendung betrifft.

Mal findet man sie im Ragout, hierzulande gerne in Eintöpfen oder Suppen und im Fall des florentinischen Lampredottos sogar in einem Brötchen – eine Kombination, die auf den ersten Blick an einen Döner erinnert.

Eine Innerei erobert die Welt

Salonfähig wurden die Kutteln in einer Zeit, als Phantasie eine der wichtigsten Zutaten war, weil es an allem anderen mangelte. Kein Wunder also, dass das Arme-Leute-Essen damals vor allem in den ländlich orientierten Küchen vertreten war.

Doch war die Kreativität der Köche offensichtlich so überzeugend, dass die Kutteln noch heute auf regionalen Speisekarten stehen, die kulinarisch über jeden Zweifel erhaben sind – so wie in der Toskana. Dort werden die Trippa alla fiorentina mit Tomatensauce serviert und mit frischem Parmesankäse bestreut oder sogar gratiniert.

Die Portugiesen haben ihre Kutteln der Legende nach Heinrich dem Seefahrer zu verdanken – allerdings brachte er sie nicht etwa von einer seiner Reisen mit. Die Kutteln waren vielmehr das, was Heinrich auf der Suche nach Proviant als unbrauchbar erachtete und es deshalb an Land ließ, wohingegen er nahezu alle anderen Fleischvorräte aufs Schiff lud.

Die Portugiesen zeigten sich erfinderisch und kreierten die Tripas à moda do Porto. Hierfür werden in einem großen Topf erst Zwiebeln und Speck in Olivenöl angebraten, das Ganze mit Wein abgelöscht und nachfolgend Karotten, Bohnen und die Kutteln hinzugefügt. Eine knappe halbe Stunde köcheln lassen und mit Schinken- und gegarten Hühnerbruststreifen auf einem Teller anrichten. Wohl bekommt’s. Aber Vorsicht – das könnte auch dem Hund schmecken.

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