Sergio Herman – 20 Punkte für die Niederlande

Sprich: Er wurde mit 20 Gault Millau-Punkten geadelt. Und mit drei Sternen vom Guide Michelin.

Mit niederländischer Küche assoziiert man vor allem Käse, Erbsensuppe und Fastfood. Nicht zu vergessen: Stamppot, das Nationalgericht aus Stampfkartoffeln und zerquetschtem Gemüse (oft Grünkohl), das gelegentlich mit Rookworst (geräucherte Schinkenwurst) und Bratzwiebeln variiert wird.

Wie lässt sich ein Bogen von dieser einfach-deftigen Küche zu mehrfach ausgezeichneter Haute Cuisine schlagen? Indem man Sergio Herman ins Spiel bringt. Der Niederländer wurde vom Gault Millau mit 20 Punkten ausgezeichnet – besser geht’s nicht.

Nebenbei ist er nicht nur der erste Niederländer, der die volle Punktzahl erhielt, sondern zugleich der erste Küchenchef außerhalb Frankreichs, der das erreichte.

Erfolgsdruck als ständiger Begleiter

Und wie quittiert der Ausgezeichnete diese herausragende Bewertung? Er freut sich gebührend darüber, natürlich, und merkt doch an, dass es für ihn so etwas für Perfektion nicht gibt. Nicht einmal in der eigenen Küche.

Klingt nicht nur sympathisch und bodenständig, sondern deutet auch darauf hin, dass der ehrgeizige Niederländer noch hoch hinaus will. Gut möglich, dass er kulinarische Sphären erobert, deren Bewertungsmaßstab erst noch erfunden werden muss.

Herman gehört nicht zu denen, die sich nicht mit dem zufrieden geben, was sie erreicht haben – er ist sich zugleich der Verantwortung bewusst, die auf ihm lastet. Er weiß, dass die Gäste Außergewöhnliches von ihm erwarten – kein Wunder, nach monatelanger Reservierung.

Herman, dessen Idol die niederländische Fußballlegende Johan Cruijff ist, vergleicht seine Arbeit mit einem zweimal täglich stattfindenden Champions-League-Finale. Alles muss auf den Punkt genau so umgesetzt werden, wie es sich der Maître vorstellt und so gehen er und seine Crew mittags und abends bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.

Stil – einfach Sergio

Darüber, dass Herman überragend kocht, sind sich die Kritiker einig. An der Frage, welchen Stil man dem kreativen Niederländer jedoch zuordnen kann, scheiden sich die Geister. Mal kocht er klassisch, dann wieder innovativ und avantgardistisch, all das allerdings immer mit der ihm eigenen Handschrift, auf die er großen Wert legt. Herman selbst antwortet auf die Frage, welchen Stil er denn kocht, mit „Sergio“ und das trifft es wohl am besten.

Prägende Inspiration

Prägend für seine Kochkunst sind die Eltern, die das „Oud Sluis“ in Zeeland führten, in dem heute der Sohn den Ton angibt, vor allem der Vater, den er selbst für unübertroffen hält. Außerdem besuchte Familie Herman mehrmals im Monat die besten Restaurants Europas, um sich inspirieren und verwöhnen zu lassen und da war Sergio selbstverständlich mit dabei.

Heute ist er sich Inspiration genug. Er schaut nicht in fremde Töpfe, sondern zieht sich bewusst zurück und genießt während entspannender Spaziergänge die Natur rund ums „Oud Sluis“, während er über fast täglich neu kreierte Menüs aus tagesfrischen Bio-Spezialitäten sinnt. Dabei kommt dann z.B. etwas heraus wie cremiger Bulgur mit Gurke, Koriander, gebackenem Hummer und pochierter Austern-Sauce, mit Zitronengras und lauwarmer Curry-Mayonnaise.

2013 eröffnet Sergio sein neues Restaurant „La Chapelle“ in Antwerpen – man darf gespannt sein.

Foto: © picture alliance / dpa

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