Im hessischen Gießen ist die kleine aber wahre Geschichte unvergessen: Da war aus der simplen Schänke der benachbarten Burg Staufenberg dank eines neuen Pächters eine noble Burgschänke geworden, fein im alten Ambiente. Und dann kamen zwei alte Stammgäste und bestellten, wie sie es immer getan hatten, „’n Bembel Ebbelwoi mit zwei Gläsern“. Doch sie wurden von der herbei geschwebten Bedienung knapp beschieden: „Bedauere, wir haben nur Rhein oder Mosel“. Das war ein Kulturschock. Denn der Ebbelwoi – auch auf Burg Staufenberg war er nach dieser Episode alsbald wieder im Ausschank – war und ist in Hessen ein Kult, ein Stück Kultur, nicht wegzudenken – und auch nicht wegzudiskutieren aus den Kneipen und den an die Bürgersteige geklemmten Straßenwirtschaften.
Die EU-Kommission wollte den Namen verbieten
Das hat vor wenigen Jahren auch die EU-Kommission zu spüren bekommen. Das war, als die eifrigen Brüsseler Kommissare zwar nicht das Getränk, aber dessen Namen verbieten lassen wollten. Den “Apfelwein“ gab es nach der Intention der Kommission gar nicht. Der Name „Wein“ dürfe und solle nur noch für Getränke verwendet werden dürfen, die aus Weintrauben hergestellt sind. „Vergorener Apfelsaft“ hieß der alternativ vorgeschlagene Name für Hessens beliebtestes „Stöffche“. Die Brüsseler Herrschaften mussten bald zurückrudern; dem Apfelwein, hessisch Ebbelwoi, blieb der Name, und der Europäischen Union, sagten nicht nur die Spötter, blieb ein hessischer Sezessionswahlkampf erspart.
Rund 70 gewerbliche Keltereien in Hessen
Was aber ist eigentlich Apfelwein/Ebbelwoi? Ein sehr passende Definition findet sich in dem Buch „Deutschlands kulinarisches Erbe“. Dort heißt es: „Wein aus vergorenem Apfelsaft von Äpfeln der Region (mit Speierling – einem Wildapfel); goldgelb, aromatisch, spritzig und erfrischend. Wird traditionell im Steinkrug (Bembel) vorzugsweise in Apfelweinwirtschaften ausgeschenkt und aus geripptem Glas getrunken. Beste Trinktemperatur: 11 bis 14 Grad Celsius“. In Hessen gibt es derzeit rund 70 gewerbliche Keltereien, die etwa 70 Millionen Liter Apfelwein verkaufen. Vier Millionen Liter schenken die selbst kelternden Gastwirte aus.
In Frankfurt ein Apfelweinmuseum
Webtipps zum Thema Apfelwein:
In Frankfurt und Umgebung, genauer: In den Frankfurter Stadtteilen Sachsenhausen, Bornheim und Umgebung, ist Ebbelwoi seit über 250 Jahren bekannt und beliebt. Aber das „Stöffche“ ist älter. Bereits Karl der Große hatte die Herstellung des Apfelweins an seinem Hof gefordert. Doch bis ins 18. Jahrhundert blieb es das selbst gemachte Hausgetränk der einfachen Bürger, in den Gaststätten wurde nur Wein ausgeschenkt – sozusagen nach dem Motto „Rhein oder Mosel“. Doch Klimaveränderungen, die scharfen Attacken der Reblaus ließen in Südhessen die Tradition der Weinkultur schwinden – und der Ebbelwoi gewann seine Liebhaber und setzte sich durch. So wandelte sich, mit behördlicher Genehmigung, das Hausgetränk zum auch öffentlich ausgeschenkten Getränk. Seit 1919 gibt es die „Vereinigung der Apfelweinwirte“, die auf die Qualität des „Stöffche“ achten. Und 1991 wurde im historischen Museum der Stadt Frankfurt das „Frankfurter Apfelweinmuseum“ eröffnet.
Das Getränk zu hessischer Hausmannskost
Der Ebbelwoi ist das rechte Getränk für echte hessische Hausmannskost. Er gehört zu „Rippche mit Kraut“ genauso wie zu „Handkäs mit Musik“. Und wem sich beim ersten, zweiten oder auch beim dritten Glas alles im Gaumen zusammenzieht, dem rät der echte Hesse: „Ab dem 7. Glas bist Du begeistert“. Oder er empfiehlt als Kompromiss „en Gespritzte“. Das ist dann ein mit Sprudel versetzter Apfelwein.
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